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Titel: BVerwG: Ausschluss eines Ratsmitglieds durch Ratsbeschluss nur in engen Grenzen zulässig
Behörde / Gericht: Bundesverwaltungsgericht Leipzig (BVerwG)
Datum: 21.01.2015
Aktenzeichen: 10 C 11.14
Artikeltyp: Im Focus
Kategorien: Sonstiges Kommunalrecht, Verfassungsrecht
Dokumentennummer: 15003017

BVerwG: Ausschluss eines Ratsmitglieds durch Ratsbeschluss nur in engen Grenzen zulässig

BVerwG: Ausschluss eines Ratsmitglieds durch Ratsbeschluss nur in engen Grenzen zulässig

Das BVerwG hat mit Urteil vom 21.01.2015 (10 C 11.14) zu dem Ausschluss eines Ratsmitglieds durch den Stadtrat entschieden. Das klagende Ratsmitglied war im Vorfeld seiner Wahl maßgeblich daran beteiligt war, dass ein politischer Gegner verprügelt wurde, der Wahlplakate der Partei des Klägers abgehängt hatte. Nach rechtskräftiger Verurteilung wegen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung wurde dem Kläger vom Stadtrat das Mandat aberkannt. Die rheinland-pfälzische Gemeindeordnung sieht den Ausschluss vor, wenn das Ratsmitglied rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt wird und es dadurch die für ein Ratsmitglied erforderliche Unbescholtenheit verwirkt hat. Nach dem BVerwG ist die Vorschrift bei einschränkender Auslegung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit der Wahl vereinbar. Der Grundsatz lässt den Ausschluss eines gewählten Ratsmitglieds nur aus verfassungsrechtlich anerkannten Gründen mit mindestens gleichem Gewicht zu. Der Gesichtspunkt des Ansehensverlusts in den Augen der Öffentlichkeit, auf den der Rat den Ausschluss gestützt hatte, reicht danach ebenso wenig wie der vom OVG Koblenz zusätzlich angeführte Gesichtspunkt der Repräsentationsfähigkeit des Rates, die gefährdet sei, wenn der Rat selbst das Vertrauen der Wähler verliere. In Betracht kommt allenfalls der Schutz der Funktionsfähigkeit des Rates, wenn dessen Arbeitsfähigkeit infolge der Straftat beeinträchtigt wird. Auf diesen Gesichtspunkt hatte der Rat der beklagten Stadt den Ausschluss des Klägers aber nicht gestützt.

Nachdem die Vorinstanzen die Klage gegen die Aberkennung des Mandats abgewiesen hatten, hielt das OVG Koblenz den Ausschluss unter engen Voraussetzungen für zulässig, die hier aber gegeben seien. Insbesondere stehe die Straftat, deretwegen der Kläger verurteilt worden war, in sachlichem Zusammenhang mit der Wahrnehmung seines Stadtratsmandats, weshalb sie geeignet sei, das Ansehen des Stadtrats in der Bevölkerung herabzuwürdigen. Dieser Gefahr habe der Stadtrat durch den Ausschluss des Klägers begegnen dürfen. Das BVerwG hat der Revision des Klägers stattgegeben und den Ausschluss für rechtswidrig erklärt. Allerdings ist es der Argumentation des Klägers nicht gefolgt, der die gesetzliche Ausschlussregelung für verfassungswidrig und nichtig hielt.

Neben der einschränkenden Auslegung zum Grundsatz der Gleichheit der Wahl sieht das BVerwG die betroffene Gesetzesvorschrift der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl im Einklang, da sie die Wählbarkeit unberührt lässt. Auch der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl ist nicht betroffen, weil der Ausschluss nicht das Gewähltsein des Klägers in Frage stellt, sondern an wahlfremde Umstände anknüpft.

Die Gründe der Entscheidung sind noch nicht veröffentlicht.

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