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Titel: FG München: Rabattfreibetrag bei verbilligtem Strombezug durch Arbeitnehmer des Stromnetzbetreibers
Behörde / Gericht: Finanzgericht München
Artikeltyp: Im Focus
Kategorien: Arbeitsrecht, Einkommensteuer/SolZ, Energie(wirtschafts)recht
Dokumentennummer: 16001816

FG München: Rabattfreibetrag bei verbilligtem Strombezug durch Arbeitnehmer des Stromnetzbetreibers

Der Kläger erzielte als Angestellter der A AG Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Neben den Lohnzahlungen wurde ihm ein Nachlass auf den von ihm bezogenen und verbrauchten Strom gewährt (Stromdeputat). Im Streitjahr bezog der Kläger seinen Strom nicht mehr von der A AG als Stromlieferanten, sondern von der A Vertriebs GmbH, einer 100 %-igen Tochter der A AG. Dieser geldwerte Vorteil aus dem Stromdeputat wurde von der A AG der Lohnbesteuerung unterworfen. Das beklagte Finanzamt minderte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung den geldwerten Vorteil aus dem Stromdeputat nicht um den Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG. Es hat dem Kläger die Gewährung des Rabattfreibetrags mit der Begründung versagt, dass nach der Umstrukturierung innerhalb des A-Konzerns und der damit verbundenen Trennung der Tätigkeit als Verteilernetzbetreiber von den sonstigen Tätigkeiten der Energieversorgung der Arbeitgeber des Klägers nur noch die Tätigkeit als Verteilernetzbetreiber ausübt, die Stromlieferung aber durch deren Tochtergesellschaft, der A Vertriebs GmbH erfolge, so dass es sich bei dem von ihm verbilligt bezogenen Strom nicht um eine vom Arbeitgeber hergestellte, vertriebene oder erbrachte Ware oder Dienstleistung handle.

Nach Ansicht des FG München (Urteil vom 30.05.2016 - 7 K 532/15) geht diese Auffassung fehl, denn sie verkennt, dass der Arbeitgeber des Klägers in seiner Funktion als Netzbetreiber bei wertender Betrachtung als Hersteller des vom Kläger bezogenen Stroms anzusehen ist. Die für den Herstellerbegriff nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG aufgestellten Grundsätze (BGH, Urteil vom 25.02.2014 - VI ZR 144/13, VW-DokNr. 14002674) machten deutlich, dass der Beitrag des Stromnetzbetreibers, der die Transformation des Stroms auf die für die Netzanschlüsse des Letztverbrauchers nutzbare Niederspannungsebene vornimmt, am Herstellungsprozess des vom Kunden bezogenen Produkts Strom in gewichtiger Weise beteiligt ist. Da der vom Kläger bezogene Strom ohne die von der A AG - zuständig für die Nieder- und Mittelspannungsnetze - vorgenommene Transformation in die Niederspannungsebene nicht nutzbar wäre, erscheint bei wertender Betrachtung die Annahme des Netzbetreibers A AG als Hersteller gerechtfertigt. Die Revision wurde nicht zugelassen.

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