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Titel: Kalkulatorische Kosten in der Kostenprüfung Gas für die zweite Regulierungsperiode – Kürzung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung durch eine nicht sachgerechte Auslegung der gesetzlichen Vorgaben durch die Regulierungsbehörden
Datum: 01.01.2013
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: Betriebswirtschaft, Gebühren- und Beitragsrecht; Strom- und Gastarife; Netzentgelte, Handelsrecht
Dokumentennummer: 13002220 ebenso Versorgungswirtschaft 1/2013, Seite 14

Kalkulatorische Kosten in der Kostenprüfung Gas für die zweite Regulierungsperiode – Kürzung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung durch eine nicht sachgerechte Auslegung der gesetzlichen Vorgaben durch die Regulierungsbehörden

Abstract

Kalkulatorische Kosten in der Kostenprüfung für die zweite Regulierungsperiode im Gasnetz - Kürzung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung durch eine nicht sachgerechte Auslegung der gesetzlichen Vorgaben durch die Regulierungsbehörden (Teil 2): Dipl.-Wirtsch.-Ing. Linda Hermann, Dipl.-Ing. Norbert Maqua und Dipl.-Wirtsch.-Ing. Udo Wallmann, nehmen nach Teil 1 zur pauschalen Kürzung des Umlaufvermögens (Versorgungswirtschaft Heft 9/2012, S. 225, DokNr. 12001782) im zweiten Teil Stellung zur fehlenden Berücksichtigung der Anschaffungskosten von Investitionen im Basisjahr 2010 durch die Regulierungsbehörden. Der Beitrag setzt sich detailliert sowohl mit den Vorgaben der GasNEV als auch mit den Argumenten der Regulierungsbehörden im Zuge der Kostenfeststellung Gas auseinander. Zur Verdeutlichung vergleichen die Autoren anhand eines konkreten Zahlenbeispiels die Berechnungen der Abschreibungen und der sich daraus ergebenden Restwerte nach § 6 Abs. 5 GasNEV der alten Fassung mit der von den Regulierungsbehörden aus der neuen Fassung abgeleiteten Vorgehensweise. Nach Ansicht der Autoren führt die fehlende Berücksichtigung der Anschaffungs- und Herstellungskosten der im Jahr 2010 aktivierten Sachanlagen bei der Ermittlung des kalkulatorischen Restwertes für Neuanlagen zum 1.1.2010 zu einer drastischen und unzulässigen Kürzung des Betrages für die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung. Insbesondere auch im Hinblick auf die bevorstehende Kostenfeststellung im Stromnetz liefert der Beitrag wichtige Argumente gegen diese Kürzung der dem Netzbetreiber nach § 21 Abs. 2 EnWG zustehenden kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung.

Leseprobe

- von Dipl.-Wirtsch.-Ing. Linda Hermann, Dipl.-Ing. Norbert Maqua, Dipl.-Wirtsch.-Ing. Udo Wallmann, enwima AG, Berlin -

Netzbetreiber haben gemäß § 21 Abs. 2 EnWG das Recht auf eine angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals. Im Zuge der Anhörungen zur Kostenfeststellung im Gasnetz für die zweite Regulierungsperiode werden von den Regulierungsbehörden (RegB) wesentliche kalkulatorische Tatbestände bei der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung nicht anerkannt, indem gesetzliche Vorgaben der Gasnetzentgeltverordnung (GasNEV) teilweise nicht sachgerecht bzw. sehr einseitig zu Lasten der Netzbetreiber ausgelegt werden.

Insbesondere die pauschale Kürzung des Umlaufvermögens und die fehlende Berücksichtigung der Anschaffungskosten von Investitionen im Basisjahr 2010 bei der Ermittlung des kalkulatorischen Restwertes für Neuanlagen zum 1.1.2010 führen zu einer drastischen und unseres Erachtens auch unzulässigen Kürzung des Betrages für die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung.

Diesen Umstand haben wir zum Anlass genommen, um die beiden sehr strittigen Sachverhalte in zwei Artikeln näher zu betrachten. In der Versorgungswirtschaft, Heft 9/2012, S. 225, DokNr. 12001782 haben wir uns bereits mit dem Sachverhalt der Nachweisführung für die Anerkennung des betriebsnotwendigen Umlaufvermögens auseinandergesetzt (Teil 1), in dieser Ausgabe möchten wir uns detailliert mit der Ermittlung des kalkulatorischen Restwertes für Investitionen im Basisjahr zum 1.1.2010 befassen.

Teil 2: Kalkulatorischer Restwert Neuanlagen zum 1.1.2010

Bei der Ermittlung des Restwertes der Neuanlagen zum 1.1.2010 werden von den RegB nicht die Anschaffungs- und Herstellungskosten (AHK) der im Jahr 2010 aktivierten Sachanlagen berücksichtigt. Diese Vorgehensweise wird dabei von den RegB wie folgt begründet:

„Bei Neuanlagen die im Basisjahr i.S.d. § 6 Abs. 1 ARegV aktiviert wurden, erfolgt keine Berechnung des Jahresanfangsbestands der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens, da dieser grundsätzlich Null beträgt. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 GasNEV ist bei der Mittelwertbildung der jeweilige Jahresanfangs- bestand und der Jahresendbestand zugrunde zu legen. Nach dem Grundsatz der Bilanzidentität gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB müssen die Wertansätze der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahres im Basisjahr i.S.d. § 6 Abs. 1 ARegV mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres übereinstimmen.

Da in der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres die erst im Basisjahr i.S.d. § 6 Abs. 1 ARegV aktivierten Neuanlagen denklogisch noch nicht vorhanden sein können, beträgt der anzusetzende Jahresanfangsbestand für im Basisjahr aktivierte Neuanlagen Null. Gegen diese Bewertung spricht auch nicht die Regelung des § 6 Abs. 5 S. 4 GasNEV, da ansonsten für die im Basisjahr angeschafften Werte des Sachanlagevermögens, anders als für alle anderen Bilanzpositionen, die Mittelwertbildung aufgehoben wäre.

Ersichtlich wollte der Verordnungsgeber durch § 6 Abs. 5 S. 4 GasNEV lediglich eine Klarstellung des § 6 Abs. 5 S. 3 GasNEV erreichen und damit deutlich machen, dass die kalkulatorischen Abschreibungen jahresgenau zu erfolgen haben. Auch systematisch steht § 6 Abs. 5 S. 4 GasNEV in einem eindeutigen Zusammenhang zu § 6 Abs. 5 S. 4 GasNEV [Anm. Verfasser: ... zu § 6 Abs. 5 S.3]. Demgegenüber besteht jedoch kein systematischer Bezug zu der in § 7 Abs. 1 S. 4 GasNEV geregelten Mittelwertbildung. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Verordnungsgeber, abweichend von § 7 Abs. 1 S. 4 GasNEV, den Abschreibungsbeginn auf den 31.12. eines Kalenderjahres fingiert hätte.“

Die in den Anhörungsschreiben vorgetragene Argumentation der RegB bezüglich der Kürzung der AHK des Jahres 2010 bei der Ermittlung des kalkulatorischen Restwertes für Neuanlagen zum 1.1.2010 halten wir für nicht sachgerecht und sie deckt sich nach unserer Auffassung auch nicht mit den Vorgaben der GasNEV.

1. Vorgaben der GasNEV zur Ermittlung der kalkulatorischen Restwerte

Gemäß dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 S. 1 bis 3 GasNEV sind für die Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung die kalkulatorischen Restwerte zu verwenden, wobei hier jeweils der Mittelwert aus Jahresanfangs- und Jahresendbestand anzusetzen ist. Die Berechnung der kalkulatorischen Restwerte nach § 7 Abs. 1 GasNEV ergibt sich aus den AHK abzüglich der kumulierten kalkulatorischen Abschreibungen, deren Ermittlung im § 6 GasNEV geregelt ist.

Gemäß § 6 Abs. 5 GasNEV sind die Abschreibungen jahresbezogen zu ermitteln, hierbei ist jeweils ein Zugang des Anlageguts zum 1.1. des Anschaffungsjahres zugrunde zu legen. Des Weiteren ist im § 6 Abs. 4 GasNEV geregelt, dass die Berechnung der kalkulatorischen Abschreibungen der Neuanlagen ausgehend von den historischen AHK nach der linearen Abschreibungsmethode zu erfolgen hat.

Bei der Formulierung des § 6 Abs. 5 GasNEV (jahresbezogene Ermittlung; Zugang Anlagegut zum 1.1. des Anschaffungsjahres) handelt es sich um eine Anpassung der Verordnung. Nach der alten Formulierung im § 6 Abs. 5 GasNEV erfolgte die Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen unter Ansatz der pro-rata-Regelung (monatsscharfe Betrachtung der Zugänge im Basisjahr). Bei der Anpassung der Regelung ging es dem Gesetzgeber lediglich um die bessere Handhabbarkeit und Prüfbarkeit der kalkulatorischen Abschreibungen. …

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