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Titel: Die besondere Rechtsform der »eingetragenen Genossenschaft« (eG): eine bekannte Unbekannte
Datum: 01.06.2013
Artikeltyp: Aktuelles
Kategorien: Energie(wirtschafts)recht, Umweltschutzrecht
Dokumentennummer: 13002358 ebenso Versorgungswirtschaft 6/2013, Seite 145

Die besondere Rechtsform der »eingetragenen Genossenschaft« (eG): eine bekannte Unbekannte

- von Rechtsanwalt Dr. Marcus Geschwandtner, Bonn1-…

I. Mögliche Felder und Formen von "Bürgerenergiegenossenschaften"

Das bürgergetragene Engagement in genossenschaftlichen Energieprojekten ist mannigfaltig und hat nicht zuletzt über die Wahl der im Einzelfall richtigen gesellschaftsrechtlichen Vereinigungsform hinaus zahlreiche weitere wirtschaftliche, steuerliche und rechtliche Implikationen, die im Folgenden zunächst außen vor bleiben. Die Energiegenossenschaften sind tätig von der Energieproduktion, über den Netzbetrieb bis hin zu der Vermarktung von Energie.

Als mögliche genossenschaftliche Betätigungsfelder stehen die folgenden im Mittelpunkt:

  • Windkraftenergie (Der Strom wird z.B. an Stadtwerke geliefert, aber nicht direkt an die Genossenschaftsmitglieder. Die Umsetzung der Projekte in Form einer eG ist einfacher, insbesondere die Bürger in unmittelbarer Nähe der Anlagen sollen und können auf diese Weise gewonnen werden. Wegen der Beteiligung der betroffenen Menschen vor Ort steigt die Akzeptanz für derartige Projekte in der gesamten Kommune.).
  • Solarstrom (Dritte oder Genossenschaftsmitglieder stellen ihre Dachflächen für eine durch die eG errichtete Solaranlage zur Verfügung. Der Strom wird in das Stromnetz eingespeist. Die eG erhält eine Einspeisevergütung. Die Genossenschaftsmitglieder beziehen ihren Strom z.B. von den Stadtwerken oder anderen Versorgern. Es findet keine Belieferung durch die Energiegenossenschaft an die eigenen Mitglieder statt.).2
  • Bioenergiedorf/Biogas (Die Mitglieder der Energiegenossenschaft helfen zunächst beim Aufbau eines Netzes. Die Energiegenossenschaft unterhält das Nahwärmenetz, betreibt die Biogasanlage und beliefert ihre Mitglieder. Häufig sind die Investitionskosten für die Gemeinde alleine zu hoch. Das Netz und die Anlage können auch in getrennten Genossenschaften betrieben werden.).
  • Schwimmbad (Eine besondere Form der „Energie“genossenschaft sind die Übernahme, Renovierung und der Betrieb des örtlichen Schwimmbades durch die Bürger in Form einer eG. Anderenfalls müssten Gemeinden ihr Bad wegen der hohen Kosten gegebenenfalls schließen.).
  • Strom und Gas (Zwar noch in den Anfängen steckend, kann es für Kommunen und Bürger jedoch zunehmend interessant sein, eine Bürgergenossenschaft zu gründen, die sich an dem kommunalen Versorger beteiligt - z.B. im Rahmen des Rückzugs eines großen Versorgers -, dort Strom und Gas kauft und damit ihre Mitglieder beliefert.)3.

Darüber hinaus gibt es freilich noch weitere Möglichkeiten und Gestaltungsformen für Bürger(energie)genossenschaften, z.B. als Komplementärgesellschaften an Energiekommanditgesellschaften (eG & Co.KG), als Kommanditistin oder als Gesellschafterin einer GmbH sowie übergeordnet in Form von Zentralgenossenschaften.

II. Rechtsnatur der eG

Obwohl § 1 Abs. 1 Genossenschaftsgesetz (GenG) die eG als „Gesellschaft“ bezeichnet, ist diese keineswegs Personengesellschaft (i.S. der §§ 705 ff. BGB). Sie ist körperschaftlich verfasst und verfügt mit dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und der General- bzw. der ab 1.500 Mitgliedern möglichen Vertreterversammlung über drei Regelorgane. Für „kleine Genossenschaften“ mit nicht mehr als 20 Mitgliedern besteht die Möglichkeit, in der Satzung auf einen Aufsichtsrat zu verzichten (s. § 9 Abs. 1 S. 2 und 3 GenG).4

1 Dr. Marcus Geschwandtner ist Verlagskaufmann, Rechtsanwalt und Partner der Dr. Fandrich Rechtsanwälte mit Sitz in Stuttgart. Er leitet den Standort in Bonn und ist zum Recht der eG promoviert worden sowie hierauf auch in seiner bundesweiten Beratungstätigkeit spezialisiert. Dr. Geschwandtner betreut, berät und vertritt zahlreiche eingetragene Genossenschaften, insbesondere Volks- und Raiffeisenbanken, Wohnungsbaugenossenschaften und Energiegenossenschaften sowie deren Organträger. Zudem tritt er als Sachverständiger des Deutschen Bundestages, durch seine Vortragstätigkeit sowie als Autor genossenschafts- und bankrechtlicher Veröffentlichungen hervor.

2 Dazu näher unter Gliederungspunkt VII.

3 Dazu näher unter Gliederungspunkte IX. und X.

4 Eingehend zur „kleinen eG“ Geschwandtner/Wittenberg, Die attraktive Unbekannte: „kleine eG“ als neue Korporationsform, in: Betriebs-Berater 33/2008, 1747 ff.

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