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Titel: Bundesrat erhebt Einwendungen gegen Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz
Behörde / Gericht: Bundesrat
Gesetz: HGB
Artikeltyp: Im Focus
Kategorien: Bilanzsteuerrecht, Jahresabschluss
Dokumentennummer: 15003296

Bundesrat erhebt Einwendungen gegen Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz

Bis zum 20.07.2015 ist die EU-Bilanzrichtlinie (RL 2013/34/EU), die Jahres- und Konzernabschlüsse europaweit neu regelt, in deutsches Recht umzusetzen (vgl. hierzu Kronawitter, VersorgW 2014, 289 ff. u 324 ff., DokNr. 14003161, 14003185). Die Bundesregierung hat am 07.01.2015 den Entwurf für ein Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) beschlossen, der vom Bundestag unverändert in die Ausschüsse verwiesen worden ist.

Nach Begründung der Bundesregierung wird von den in der Bilanzrichtlinie fortgeschriebenen Optionen zur Entlastung kleiner und mittlerer Unternehmen weiterhin Gebrauch gemacht. So sollen die Schwellenwerte für die Einstufung als mittelgroßes Unternehmen um ca. 20% angehoben werden. Der Entwurf sieht vor, dass die neu gefassten Größenkriterien bereits erstmalig auf Abschlüsse für nach dem 31.12.2013 beginnende Geschäftsjahre angewendet werden dürfen, wenn zugleich auch die geänderte Definition der Umsatzerlöse angewendet wird. Demnach sollen künftig Umsatzerlöse begrifflich nicht mehr auf typische Leistungen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit begrenzt sein. Insbesondere sind damit die bisher in den sonstigen betrieblichen Erträgen erfassten Erlöse aus Nebentätigkeiten in den Umsatzerlösen auszuweisen.

Gegen die den Unternehmen zur Wahl gestellte rückwirkende Anwendung hat der Bundesrat Bedenken und ist in seiner Sitzung vom 06.03.2015 (BR-Drs. 23/15) der Empfehlung des Finanzausschusses gefolgt:

„Durch die wahlweise rückwirkende Anwendungsmöglichkeit der Regelungen zur Neugliederung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung komme es entgegen der Annahme der Bundesregierung und des Nationalen Normenkontrollrates zu zusätzlichem Erfüllungsaufwand und erheblichen Mehrkosten bei den Länderfinanzverwaltungen und der Wirtschaft, die dem Gesetzeszweck entgegenstehen.

Nach § 5b EStG haben Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Absatz 1, § 5 oder § 5a EStG ermitteln, den Inhalt ihrer Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Da die steuerliche Buchführungspflicht grundsätzlich eine derivative ist (§ 140 AO, § 238 HGB, § 5 Absatz 1 EStG), richtet sich die Gliederung der nach § 5b EStG zu übermittelnden Bilanz und des entsprechenden amtlich vorgeschriebenen Datensatzes im Wesentlichen nach handelsrechtlichen Vorschriften. Der für die sogenannte E-Bilanz erforderliche Datensatz richtet sich dabei nach einer von der Finanzverwaltung aufgestellten Taxonomie (das heißt einem Klassifikationsschema), die einer regelmäßigen Überarbeitung und Anpassung unterliegt.

Soweit die Neuregelungen mit Einfluss auf die Gliederung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung entsprechend des Gesetzentwurfs wahlweise bereits rückwirkend für die nach dem 31.12.2014 beginnenden Geschäftsjahre (steuerlich: Wirtschaftsjahre) angewendet werden können, erfordert dies die Erstellung einer zweiten, alternativen Taxonomie für den Veranlagungszeitraum 2015, da ansonsten die handelsrechtlich ordnungsgemäß erstellten Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen nicht übermittelt und auch nicht von den Länderfinanzverwaltungen verarbeitet werden können. Hierdurch kommt es zu einer erheblichen und mit den vorhandenen Kapazitäten der Landesverwaltungen nicht zu bewältigenden Mehrbelastung, da die Arbeiten an der Taxonomie für 2015 bereits abgeschlossen sind: In der mit BMF-Schreiben vom 13.06.2014 (BStBl. I 2014, 886) veröffentlichten Taxonomie 5.3, die für Wirtschaftsjahre gilt, die nach dem 31.12.2014 beginnen, sind die geänderten Gliederungspositionen nicht enthalten. Auch die aktuell erarbeitete Taxonomie 5.4, die für Wirtschaftsjahre vorgesehen ist, die nach dem 31.12.2015 beginnen, sieht die wahlweise Anwendung der neuen Gliederungspositionen für das vorangegangene Wirtschaftsjahr nicht vor. Dies hat zur Folge, dass E-Bilanzen für 2015, die auf einer Ausübung des durch Artikel 2 Nummer 2 geschaffenen Wahlrechts beruhen, von den Länderfinanzverwaltungen nicht mehr im Jahr 2016 entgegen genommen werden können.

Darüber hinaus entstehen auch für die Wirtschaft erhebliche - vom Nationalen Normenkontrollrat nicht gesehene - Mehrkosten, da die Übermittlungsprogramme der Unternehmen - die auf der Grundlage der oben aufgeführten Taxonomien beruhen - angepasst werden müssen. Diesen Kosten sind auch die Unternehmen ausgesetzt, die von der wahlweisen Rückwirkung keinen Gebrauch machen werden. Bei der Veröffentlichung der Jahresabschlüsse über den Elektronischen Bundesanzeiger ergeben sich entsprechende Probleme, soweit die Unternehmen den XBRL-Standard zur Übermittlung ihrer Jahresabschlüsse nutzen.

Durch eine einheitliche Regelung zur Anwendung des BilRUG für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, wird der Umsetzungsfrist nach Artikel 53 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2013/34/EU hinreichend Rechnung getragen.“

-fb

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