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Titel: Das Friedhofs- und Bestattungswesen nach altem und neuem Umsatzsteuerrecht
Datum: 01.11.2018
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: Gebühren- und Beitragsrecht; Strom- und Gastarife; Netzentgelte, Sonstiges Kommunalrecht, Umsatzsteuer
Dokumentennummer: 18004928 ebenso Versorgungswirtschaft 11/2018, Seite 325

Das Friedhofs- und Bestattungswesen nach altem und neuem Umsatzsteuerrecht

WP/StB Dipl.-Kfm. Raphael M. Nowak, MBA, München -*

Bei der Besteuerung der öffentlichen Hand dreht sich derzeit (fast) alles um die Umsetzung der Neuregelungen des § 2b UStG. Die Frage, die sich die meisten »Betroffenen« bei den Kommunen in diesem Zusammenhang stellen lautet: Was kommt zukünftig auf uns zu?

Für die Umsetzung der gesetzlichen Neureglung bedarf es vor allem einer gründlichen Aufnahme und Analyse der vorhandenen Leistungsbeziehungen der juristischen Person des öffentlichen Rechts (nachfolgend kurz JPdöR). Die Leistungsbeziehungen sind anschließend sorgfältig auf umsatzsteuerliche Relevanz zu prüfen. Es darf dabei nicht der Fehler gemacht werden, Bereiche vorschnell als umsatzsteuerlich nicht relevant zu beurteilen.

A. Bestattungswesen

1. Rechtslage nach § 2 Abs. 3 UStG a.F.2

a) Allgemeines Bestattungswesen

Das Bestattungswesen ist kraft Ursprungs den Gemeinden und den Kirchen als Aufgabe der öffentlichen Gewalt vorbehalten, da nach maßgebendem Rechtsverständnis die Bestattung eines Menschen auf einem kommunalen oder einem kirchlichen Friedhof vorzunehmen ist.3 JPdöR werden daher im Bereich des Bestattungswesens hoheitlich tätig. Dies gilt auch, wenn Aufgaben des Bestattungswesens von der zuständigen jPdöR zulässigerweise auf private Rechtsträger übertragen werden. Denn dann untersteht der übernehmende private Rechtsträger der Rechtsaufsicht der übertragenden jPdöR. Da die Verantwortlichkeit des Friedhofsträgers für die Erfüllung der mit der Trägerschaft verbundenen Pflichten durch die Übertragung nicht berührt wird, dient der übernehmende private Rechtsträger nur als Erfüllungsgehilfe. Die Tätigkeit ist somit weiterhin hoheitlich.

[…]

2. Rechtslage nach § 2b UstG

a) Einräumung von Grabnutzungs- und Liegerechten bei Erdbestattungen

Erdbestattungen können nach den Bestattungsgesetzen der Länder nur durch jPdöR und nur auf ausgewiesenen Friedhöfen durchgeführt werden. Unabhängig davon, ob ein Wettbewerb zwischen jPdöR besteht, scheidet ein Wettbewerb zu privaten Unternehmen nach derzeitigem Rechtsverständnis noch aus. Die jPdöR gilt insofern nicht als Unternehmer. Das erhobene Entgelt für die Grabnutzung bzw. das Liegerecht ist somit nicht umsatzsteuerbar.

b) Einräumung von Grabnutzungsrechten bei Feuerbestattungen

Die Beisetzung von Urnen kann - abhängig von den Vorschriften der jeweiligen Bestattungsgesetze der Länder - auch durch private Unternehmen und auch außerhalb von Friedhöfen (z.B. in Friedwäldern oder auf hoher See) erfolgen. Somit besteht im Fall der Beisetzung von Urnen ein (potenzieller) Wettbewerb zwischen jPdöR und privaten Unternehmen.

Unterschreiten die Umsätze, die die jPdöR im Kalenderjahr aus gleichartigen Tätigkeiten voraussichtlich erzielen wird, 17.500 Euro, gilt die jPdöR insofern nicht als Unternehmer, denn es liegen keine größeren Wettbewerbsverzerrungen vor (§ 2b Abs. 2 Nr. 1 UStG). Die Einräumung von Grabnutzungsrechten ist somit nicht umsatzsteuerbar. Übersteigen die Umsätze, die die jPdöR im Kalenderjahr aus gleichartigen Tätigkeiten voraussichtlich erzielen wird, 17.500 Euro, gilt die jPdöR insofern als Unternehmer. Die Einräumung von Grabnutzungsrechten ist somit umsatzsteuerbar.

Der Umsatz ist dann jedoch nach § 4 Nr. 12 lit. a) UstG steuerfrei, wenn die Asche der verstorbenen Personen in räumlich abgrenzbare, individualisierte Parzellen zur alleinigen Nutzung eingebracht wird. Andernfalls ist der Umsatz umsatzsteuerpflichtig.12 Der Steuersatz beträgt dann 19%.

c) Auswirkungen aus der Einführung von § 2b UStG auf bestehende Grabnutzungs- und Liegerechte

Da Grabnutzungs- und Liegerechte regelmäßig über einen längeren Zeitraum eingeräumt werden, stellt sich in der Praxis vor allem die Frage, nach welchem Rechtsstand Verträge zu beurteilen sind, die unter Beachtung der Rechtslage nach § 2 Abs. 3 UStG a.F. abgeschlossen wurden, jedoch erst nach Einführung von § 2b UStG enden. Die Rechtsänderung hat jedoch nur dann Auswirkungen, wenn sich die umsatzsteuerliche Behandlung einer Leistung durch die Einführung von § 2b UStG geändert hat.

Die Einräumung von Grabnutzungs- und Liegerechten ist im Fall von Erdgräbern sowohl nach alter Rechtslage (§ 2 Abs. 3 UStG a.F.) als auch nach neuer Rechtslage (§ 2b UStG) nach derzeitigem - nicht unbedingt unumstößlichen - Rechtsverständnis nicht umsatzsteuerbar. Die Einführung von § 2b UStG hat insofern noch keine Auswirkung auf die entsprechenden

Verträge.

Die Einräumung von Grabnutzungsrechten ist im Fall der Beisetzung von Urnen bzw. dem Verstreuen von Asche differenzierter zu beurteilen und - wie dargestellt - künftig regelmäßig umsatzsteuerbar. In diesen Fällen wäre somit zu untersuchen, ob sich aus der Rechtsänderung Auswirkungen auf die laufenden Verträge ergeben.

d) Bestattungsleistungen in Zusammenhang mit der Einräumung von Grabnutzungs- und Liegerechten

[…]

* WP/StB Dipl.-Kfm. Raphael M. Nowak, MBA, arbeitet seit 2018 in der Sozietät WP-StB-RAe Markmiller und Partner in München. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit sind die steuerliche und betriebswirtschaftliche Beratung der öffentlichen Hand und hier insbes. die Fragen rund um die Einführung und Organisation des § 2b UStG.

2 § 2 Abs. 3 UStG aufgehoben mit Wirkung nach dem 31.12.2016 durch Gesetz v. 02.11.2015; zur weiteren Anwendung von § 2 Abs. 3 UStG a.F. bis längstens 31.12.2020 vgl. § 27 Abs. 22 Sätze 1 und 3 bis 6 UStG.

3 BFH vom 14.04.1983 - V R 3/79, BStBl II 1983, 491.

12 BFH vom 21.06.2017 - V R 4/17, BStBl II 2018, 370.

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