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Titel: Entgeltoptimierung als Instrument zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität
Datum: 01.06.2019
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: Arbeitsrecht, Lohnsteuerrecht, Sozialversicherung
Dokumentennummer: 19005254 ebenso Versorgungswirtschaft 6/2019, Seite 165

Entgeltoptimierung als Instrument zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität

- von Dipl.-Finanzwirt (FH) Raphael Schuster, München -*

Verschiedene Faktoren, wie z. B. der demografische Wandel, führen bereits derzeit zu Engpässen am Arbeitsmarkt, weshalb die Personalbeschaffung eine große Herausforderung für Unternehmen geworden ist. Um weiterhin qualifiziertes Personal zu finden, und damit auch zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es besonders wichtig, ein hohes Maß an Arbeitgeberattraktivität (sogenanntes employer branding) zu bieten. Hierdurch können sich Unternehmen von anderen Wettbewerbern am Arbeitsmarkt positiv abheben und Personal langfristig an das Unternehmen binden.

Bei der Attraktivität eines Unternehmens spielen die Entlohnung und darüberhinausgehende finanzielle Anreize eine wesentliche Hauptrolle. Ein Hauptaugenmerk von vielen Arbeitgebern liegt deshalb auf der Optimierung des Arbeitslohns, unter Nutzung von steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vergünstigungsregelungen. Diese sind für ein Unternehmen von besonderer Bedeutung, da sie den Vorteil der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität mitbringen, aber verhältnismäßig geringe Lohnzusatzkosten verursachen.

1. Einleitung

Die Nettoentgeltoptimierung zielt darauf ab, Teile des Arbeitslohns unter Nutzung von einkommensteuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vergünstigungsnormen auszuzahlen. Hierdurch können geringere Steuern und Sozialversichersicherungsbeiträge anfallen, wovon sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer profitiert. Deshalb hat sich in der Unternehmenspraxis die Relevanz von Nettoentgeltoptimierungen in jüngerer Vergangenheit deutlich erhöht. Für den Arbeitnehmer gilt es jedoch zu beachten, dass die Entgeltoptimierung zu einem niedrigeren beitragspflichtigen Arbeitsentgelt in der Sozialversicherung führt und hieraus ein geringerer gesetzlicher Rentenanspruch folgt.

Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die bedeutendsten Entgeltoptimierungsmöglichkeiten. Darüber hinaus wird auf aktuelle Problemfelder hingewiesen.

2. Vorteile die nicht zu Arbeitslohn führen

Zuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer führen nur dann zu Arbeitslohn bzw. Arbeitsentgelt1, wenn ein Veranlassungszusammenhang zwischen der Einnahme und dem Dienstverhältnis besteht. Dies ist nur gegeben, wenn die Zuwendung dem Arbeitnehmer mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließt und es sich im weitesten Sinne um eine Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft handelt.2 Zuwendungen die diese Kriterien nicht erfüllen, unterliegen nicht dem Lohnsteuerabzug und der Beitragspflicht.

[…]

2.2. Werbeleistungen

Weit verbreitet ist, dass der Arbeitnehmer auf seinem privaten Fahrzeug das Firmenlogo des Arbeitgebers als Werbung für seinen Arbeitgeber anbringt. Für diese Werbeleistung erhält der Arbeitnehmer ein Entgelt von seinem Arbeitgeber. Dieses (Werbe-)Entgelt ist nicht lohnsteuerbehaftet, wenn es sich nicht um ein Entgelt für die Arbeitsleistung, sondern um ein Entgelt für die Werbeleistung handelt. In diesem Fall sind die Werbeeinnahmen beim Arbeitnehmer als sonstige Einkünfte zu erfassen, die jedoch nicht einkommensteuerpflichtig sind, wenn sie weniger als 256 € im Kalenderjahr betragen (§ 22 Nr. 3 EStG).

Zu beachten ist, dass derzeit beim Bundesfinanzhof ein Revisionsverfahren anhängig ist, in dem u.a. die Rechtsfrage der Abgrenzung zwischen Arbeitslohn und Werbeeinnahmen strittig ist.4 Nach dem Urteil der Vorinstanz sind insbesondere folgende Kriterien für die Abgrenzung relevant:5

  • Größe und Erkennbarkeit des Logos
  • Ist ersichtlich, welche Firma hinter dem Logo steht (nicht bei einem nicht allgemein bekannten Buchstabenkürzel)?
  • Ist das Werbeentgelt abhängig von der Fahrleistung bemessen?
  • Wurde die Leistung in einem gesonderten Vertrag oder in einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vereinbart?

Sollte ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern eine entsprechende Werbeeinnahme anbieten, empfiehlt es sich wegen der noch ausstehenden höchstrichterlichen Entscheidung und aus Haftungsgründen, vorab eine Anrufungsauskunft beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt einzuholen.6

3. Steuerfreie Vorteile

Der Gesetzgeber hat im Rahmen des § 3 EStG eine Reihe von Leistungen steuerfrei gestellt und hierdurch von der Lohnversteuerung ausgenommen. Mehrere dieser Steuerbefreiungsvorschiften bieten sich zur Entgeltoptimierung an. Die im Folgenden dargestellten steuerfreien Leistungen werden nach § 1 Abs. 1 SvEV nicht dem Arbeitsentgelt zugerechnet und sind deshalb auch sozialversicherungsrechtlich beitragsfrei. Somit bieten die beschriebenen Leistungen einen doppelten Vorteil.

3.1. Kinderbetreuungsleistungen

[…]

4. Pauschalierung

Für verschiedene Lohnbestandteile hat der Arbeitgeber ein Pauschalierungswahlrecht. Wählt der Arbeitgeber die Pauschalversteuerung wird der pauschal zu versteuernde Arbeitslohn nicht nach dem individuellen Steuersatz des Arbeitnehmers besteuert, sondern mit einem gesetzlich festgelegten pauschalen Steuersatz. Dieser ist oftmals niedriger als der individuelle Steuersatz des Arbeitnehmers. Zudem zählen die nachfolgend beschriebenen Lohnbestandteile nicht zum Arbeitsentgelt, wenn der Arbeitgeber die Pauschalversteuerung wählt (§ 1 Abs. 1 SvEV). Hierdurch fallen keine Sozialversicherungsbeiträge an.

4.1. Erholungsbeihilfen

Erholungsbeihilfen können mit einem pauschalen Steuersatz von 25 % (zzgl. SolZ und KiSt) versteuert werden (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG). Zu den Erholungsbeihilfen zählen Sachzuwendungen und Barleistungen an den Arbeitnehmer, die der Erholung dienen (z. B. für einen Urlaub oder eine Kur).

Beispiel:

Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer zur Erholung eine unentgeltliche Hotelübernachtung in Garmisch-Partenkirchen.

Bei Barleistungen ist darauf zu achten, dass sie als Erholungsbeihilfe bezeichnet und auch tatsächlich zur Erholung verwendet werden. Nach den Richtlinien der Verwaltung ist i. d. R. kein tatsächlicher Nachweis über die Verwendung zu Erholungszwecken erforderlich. Es reicht vielmehr aus, dass die Erholungsbeihilfe im zeitlichen Zusammenhang mit einem Urlaub des Arbeitnehmers gewährt wird (R 40.2 Abs. 3 S. 4 LStR). Dies dürfte regelmäßig erfüllt sein, wenn die Beihilfe in dem Monat gewährt wird, in dem der Arbeitnehmer einen Teil seines Urlaubs in Anspruch nimmt. Die Rechtsprechung fordert dagegen, dass der Arbeitgeber überprüft, ob die Mittel durch den Arbeitnehmer tatsächlich zu Erholungszwecke (z. B. für einen Urlaub) verwendet worden sind.17 Aufgrund dessen, dass die Verwaltung in den LStR eine großzügigere Auffassung vertritt als die Rechtsprechung, empfiehlt es sich im Rahmen einer Anrufungsauskunft18 bestätigen zu lassen, dass bei einer Auszahlung in zeitlichem Zusammenhang mit einem Urlaub keine Überprüfung der Mittelverwendung notwendig ist.

Die Pauschalierung für Erholungsbeihilfen ist je Arbeitnehmer und Kalenderjahr bis zu folgenden Beträgen möglich:

  • Arbeitnehmer 156 €
  • Ehegatte 104 €
  • jedes Kind 52 €

Hierbei handelt es sich um eine Freigrenze. Übersteigt die Erholungsbeihilfe an einen Arbeitnehmer den Jahreshöchstbetrag, ist die gesamte Erholungsbeihilfe nach den Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers individuell zu versteuern.

Die Erholungsbeihilfe muss nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Sie kann deshalb auch im Rahmen einer Gehaltsumwandlung vereinbart werden.

4.2. Internetpauschale

[…]

5. Anrufungsauskunft

Weil der Arbeitgeber zur Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer verpflichtet ist, hat ihm der Gesetzgeber im Gegenzug den Rechtsanspruch eingeräumt, eine gebührenfreie Auskunft vom Betriebsstättenfinanzamt verlangen zu können (§ 42e EStG). Diese Anrufungsauskunft erstreckt sich nur auf das Lohnsteuerabzugsverfahren und nicht auf andere steuerliche Bereiche (z. B. Fragen zum Betriebsausgabenabzug). Eine Anrufungsauskunft erfordert lediglich eine Sachverhaltsschilderung durch den Arbeitgeber. Eine eigene rechtliche Würdigung hat der Arbeitgeber nicht zwingend vorzunehmen.

[…]

* Raphael Schuster ist im Bayerischen Landesamt für Steuern in München beschäftigt. Daneben ist er als Dozent im Bereich von lohnsteuerlichen Themen tätig. Der Beitrag wurde nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst.

1 Im Steuerrecht wird der Begriff Arbeitslohn verwendet (§ 2 Abs. 1 LStDV). Dagegen wird sozialversicherungsrechtlich der Ausdruck Arbeitsentgelt benutzt (§ 14 Abs. 1 SGB IV). Bis auf wenige Ausnahmen, sind beide Begriffe inhaltlich deckungsgleich.

2 BFH, Urteil vom 24.09.2013 - VI R 8/11.

5 Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.11.2016 - 2 K 1180/16.

6 Siehe Tz. 5.

17 BFH, Urteil vom 19.09.2012 - VI R 55/11.

18 Siehe Tz. 5.

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