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Titel: Das steuerliche Einlagekonto Grundlagen, Stolpersteine und Rettungsmaßnahmen
Datum: 01.07.2019
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: Abgabenordnung, Einkommensteuer/SolZ, Kapitalertragsteuer/SolZ, Körperschaftssteuer/SolZ, Recht der kommunalen Betriebe
Dokumentennummer: 19005303 ebenso Versorgungswirtschaft 7/2019, Seite 200

Das steuerliche Einlagekonto Grundlagen, Stolpersteine und Rettungsmaßnahmen

- von Finw. Daniel Bahn, Bad Kissingen - *

Das steuerliche Einlagekonto mit seiner umfangreichen Regelung wird nicht selten nur »stiefmütterlich« behandelt. Gerade in Betrieben mit regelmäßig hohem Eigenkapital, wie etwa Versorgungsunternehmen, dürfen die Auswirkungen von Fehlern oder Leichtfertigkeiten im Umgang mit diesem Instrument nicht unterschätzt werden.

Im folgenden Grundlagenbeitrag sollen die Hintergründe und Anwendungsregeln des § 27 KStG aufgearbeitet werden. Neben den Auswirkungen der einzelnen Vorfälle auf das Einlagekonto, werden entsprechende Vorgänge vorgestellt, die genau diese verhindern. Abschließend wird aufgezeigt, welche Rettungsmaßnahmen bei begangenen Fehlern helfen können.

Der Leser soll so auf die Thematik des steuerlichen Einlagekontos aufmerksam gemacht und bei entsprechenden Vorgängen mit Bezug dazu hinsichtlich der Auswirkungen sensibilisiert werden. Die praktische Auswirkung der Vorgänge wird anhand konkreter Beispiele deutlich gemacht. Ein umfangreiches Detailwissen zum steuerlichen Einlagekonto, insbesondere im Hinblick auf die Problematik der Betriebe gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit, ist nicht Ziel dieses Beitrags.

I. Einführung und Hintergrund des steuerlichen Einlagekontos

Die Vorschrift des § 27 KStG soll in erster Linie die Besteuerung von Ausschüttungen beim Anteilseigner sicherstellen.1 Diese findet im Allgemeinen mit den Regelungen des § 20 Abs. 1 EStG bzw. § 8b KStG statt. Im Bereich der öffentlichen Hand wird eine Nachbelastung des beim Betriebs gewerblicher Art (BgA) niedrig besteuerten Gewinns auf der Ebene der Trägerkörperschaft aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit herbeigeführt.2 Die Besteuerung der Ausschüttung ist hier grundsätzlich mit dem Kapitalertragsteuerabzug i.H.v. 15 % nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7b und 7c i.V.m. § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 mit abgeltender Wirkung definitiv.

Durch § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG wird die Bedeutung des steuerlichen Einlagekontos deutlich: Ausschüttungen des Körperschaftssteuersubjekts führen nicht zu steuerpflichtigen Einkünften beim Anteilseigner, soweit es sich dabei um Rückzahlungen von nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen handelt (Einlagenrückgewähr3). Diese Auszahlungen befinden sich folgerichtig in der Vermögensebene und sind daher nicht steuerbar.4

Das steuerliche Einlagekonto bildet den Teil des steuerlichen Eigenkapitals einer Körperschaft ab, der außerhalb des erbrachten Nennkapitals aus Einlagen der Gesellschafter stammt.5 Die korrekte Führung des Einlagekontos sorgt also dafür, dass Ausschüttungen korrekt in die nicht steuerbare Einlagenrückgewähr und steuerpflichtige Gewinnausschüttungen aufgeteilt werden. Beim BgA bedeutet das nichts anderes als die Klärung der Frage über eine Einsparung von 15,825 % kombinierter Steuer (KapESt zzgl. SolZ).

II. Geltungsbereich

Vorab zu klären ist, wer von der Führung des steuerlichen Einlagekontos betroffen ist und ab welchem Zeitpunkt dieses Instrument eingeführt wurde.

[…]

III. Vorfälle auf dem steuerlichen Einlagekonto

Das steuerliche Einlagekonto ist formell eine außerhalb der Buchführung durchzuführende steuerliche Sonderrechnung.9 Dementsprechend gelten ausschließlich die zugehörigen steuerlichen Vorschriften, die nicht immer im Einklang mit den handelsrechtlichen Normen für Kapitalrücklagen und ebenso nicht mit dem kommunalen Haushaltsrecht stehen.

1. Anfangsbestand

Nach dem Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im Jahr 2001 war zunächst der (Ur-)Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos zu ermitteln. Diesen stellt nach § 39 KStG der positive Betrag des früheren EK 04 (frühere Einlagen der Anteilseigner) dar. Negative Beträge werden dabei mit einem Anfangsbestand von 0 € berücksichtigt. Bei späterer erstmaliger Anwendung des KStG (z.B. bei Neugründungen nach 2001) ist das in der Eröffnungsbilanz ausgewiesene Eigenkapital, soweit es das Nennkapital übersteigt, als Zugang zum Endbestand des Einlagekontos zum Schluss des ersten Wirtschaftsjahrs zu erfassen.10

[…]

3. Minderungen

Eine Minderung ist grundsätzlich nur im Wege einer Auszahlung möglich. Diese Leistungen19 der Körperschaft mindern gem. § 27 Abs. 1 S. 3 KStG das steuerliche Einlagekonto unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung nur, soweit sie den auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs ermittelten ausschüttbaren Gewinn übersteigen (Einlagenrückgewähr). Außer in den Fällen der Nennkapitalrückzahlung und ggf. der organschaftlichen Mehrabführung (§ 27 Abs. 6 KStG) ist ein direkter Zugriff auf das Einlagekonto nicht möglich.20 Dem Begriff des »ausschüttbaren Gewinns«, der sich aus der Verwendungsreihenfolge ergibt, kommt daher besondere Bedeutung zu. Ein negatives Einlagekonto durch Leistungen ist wegen § 27 Abs. 1 S. 4 KStG ausgeschlossen.

4. Verwendungsreihenfolge

Als ausschüttbarer Gewinn gilt das um das gezeichnete Kapital geminderte in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital abzüglich des Bestands des steuerlichen Einlagekontos (§ 27 Abs. 1 S. 5 KStG). Damit fingiert das Gesetz vorrangig die Ausschüttung des nicht aus Einlagen gespeisten Eigenkapitals mit dem Effekt, dass es auf der Ebene des Gesellschafters zur Versteuerung von Kapitalerträgen kommt.21 Diese Regelung ist auch nicht disponibel. Selbst eine (handelsrechtlich) ausdrückliche Auskehrung der geleisteten Einlagen ändert damit an der Besteuerung einer Auszahlung nichts.

Beispiel:

Die in 01 gegründete Stadtwerke A GmbH (Nennkapital 20.000 €) erwirtschaftet im Gründungsjahr einen Gewinn von 30.000 €. Zum Ausbau des Stromnetzes leistet die Stadt, die sämtliche Anteile der GmbH hält, eine weitere Einlage von 100.000 € im Jahr 01. In 02 werden 100.000 wieder an die Stadt ausgekehrt.

[…]

V. Gesonderte Feststellung des steuerliches Einlagekontos

Der unter Berücksichtigung der Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs ermittelte Bestand des steuerlichen Einlagekontos wird gesondert festgestellt (§ 27 Abs. 2 S. 1 KStG). Damit sind die Verfahrensregeln nach den §§ 179 ff. AO anzuwenden.29 Die Feststellung ist fortlaufend durchzuführen, auch wenn sich keine Änderungen ergeben oder der Bestand des steuerlichen Einlagekontos 0,- € aufweist.30 Dem Verfahrensrecht ist hier besondere Bedeutung beizumessen, denn als Grundlagenbescheid entfaltet die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos des Vorjahres entsprechende Bindungswirkung.31 Daraus folgt, dass einmal bestandskräftig gewordene, fehlerhafte Feststellungsbescheide die falsche Höhe des Einlagekontos in die Zukunft forttragen.

Fortgeführtes Beispiel:

Der Steuerverantwortliche der Stadtwerke A GmbH versäumt es im Jahr 01 die Zuführung zum steuerlichen Einlagekonto zu erklären. Es ergeht ein Feststellungsbescheid mit 0,- €, der zum Zeitpunkt der Ausschüttung bereits bestandskräftig ist.

[…]

VI. Rettungsmaßnahmen

Soweit die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos in der Vergangenheit fehlerhaft erfolgt ist, gilt es entsprechende Rettungsmaßnahmen zu prüfen. Dabei ist nach Ansicht des Autors vorrangig auf die Möglichkeiten im Verfahrensrecht zurückzugreifen, da hierdurch nicht nur entsprechende Fehler korrigiert werden, sondern insbesondere zum Teil teure und langwierige Abläufe vermieden werden können.

1. Verfahrensrechtliche Änderungen

Für eine verfahrensrechtliche Überprüfung empfiehlt sich ein strukturiertes Vorgehen. Dabei sollten zunächst die in der Sache wenig mit Streit befangenen Möglichkeiten überprüft werden.

a) kein Bescheid ergangen

[…]

* Finw. Daniel Bahn, LL.B. ist in der Betriebsnahen Veranlagungsstelle des Finanzamts Schweinfurt sowie als nebenamtlicher Dozent an der Landesfinanzschule Bayern tätig. Der Beitrag wurde nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt die persönliche Meinung des Verfassers wieder.

1 Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 27 KStG Rn. 1.

2 Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 290. Lieferung 01.2019, § 20 EStG Rn. 340.

3 Gesetzliche Definition in § 27 Abs. 1 S. 3 KStG.

4 BFH, Urteil vom 07.11.1990 - I R 68/88, BStBl II 1991, 177.

5 Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 27 KStG Rn. 41.

9 Oellerich in Blümich, 146. EL Februar 2019, KStG § 27 Rn. 16.

10 Oellerich in Blümich, 146. EL Februar 2019, KStG § 27 Rn. 18.

19 Leistungen i.S. des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG sind alle Auskehrungen, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, BMF-Schreiben vom 04.06.2003 - IV A 2-S 2836-2/03, BStBl I 2003, 366 Rn. 11.

20 Oellerich in Blümich, 146. EL Februar 2019, KStG § 27 Rn. 39.

21 Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 27 KStG Rn. 76.

29 Berninghaus in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 290. Lieferung 01.2019, § 27 KStG Rn. 80.

30 Berninghaus in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 290. Lieferung 01.2019, § 27 KStG Rn. 80.

31 Oellerich in Blümich, 146. EL Februar 2019, KStG § 27 Rn. 45.

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