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Titel: AGB-Klauseln in Energielieferungsverträgen
Behörde / Gericht: Bundesgerichtshof Karlsruhe (BGH)
Datum: 18.07.2012
Aktenzeichen: – VIII ZR 337/11 -, – VIII ZR 14/12 -, I-19 U 38/11
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: Energie(wirtschafts)recht, Gebühren- und Beitragsrecht; Strom- und Gastarife; Netzentgelte, Zivilrecht
Dokumentennummer: 13002257 ebenso Versorgungswirtschaft 2/2013, Seite 38

AGB-Klauseln in Energielieferungsverträgen

Abstract

Anhand zweier Gerichtsverfahren stellt RA Michael Brändle praxisorientiert den aktuellen Stand zu AGB-Klauseln in Energielieferungsverträgen dar. Im Rahmen von Verbandsklageverfahren hatte der BGH (Urteil vom 18.07.2012 – VIII ZR 337/11 und Urteil vom 12.12.2012 – VIII ZR 14/12) Gelegenheit, zu einigen, teils gängigen Formulierungen in Energielieferungsverträgen Stellung zu nehmen. Der Beitrag fasst die in den beiden Verfahren streitigen Klauseln und die jeweilige Entscheidung der Gerichte sowie die von der Revision unbeanstandete Klausel des OLG Hamm (Urteil vom 9.12.2011 – I-19 U 38/11) zusammen. Im Einzelnen geht der Autor dabei auf folgende Regelungen ein und gibt entsprechende Beispiele für Musterformulierungen, die auch die aktuelle, teils schon wieder geänderte, Gesetzgebung berücksichtigen:

  • Zustandekommen des Vertrages, Lieferbeginn, Erstlaufzeit
  • Zutrittsrecht
  • Pauschalierung von Verzugskosten
  • Haftungsbeschränkung
  • Werbeeinwilligung
  • Preisanpassungsklausel
  • Zahlungsart
  • Kosten der Unterbrechung und Wiederherstellung der Belieferung.

Da StromGVV / GasGVV bei Sonderverträgen nicht automatisch gelten, ist weiterhin darauf zu achten, dass diese wirksam einbezogen werden.

Diesen Beitrag ergänzend bietet der Verlag am Mittwoch, den 8. Mai 2013, von 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr ein Online-Seminar mit dem Thema "Der 'leitbildgerechte' Energielieferungsvertrag" mit Herrn Rechtsanwalt Brändle an.

Leseprobe

Anmerkung zu BGH, Urteil vom 18.7.2012 - VIII ZR 337/111

sowie zu BGH, Urteil vom 12.12.2012 - VIII ZR 14/12 und OLG Hamm, Urteil vom 9.12.2011 - I-19 U 38/112

- von RA Michael Brändle, Freiburg -

Im Rahmen von Verbandsklageverfahren hatte der Bundesgerichtshof in den hier zu besprechenden Entscheidungen Gelegenheit, zu einigen, teils gängigen Formulierungen in Energielieferungsverträgen Stellung zu nehmen3. Weitere Klauseln wurden, von der Revision unbeanstandet, abschließend vom OLG Hamm beurteilt. Unser Autor stellt die in den beiden Verfahren streitigen Klauseln und die jeweilige Entscheidung der Gerichte zusammenfassend dar. Er kommt insgesamt zum Ergebnis, dass die Lieferanten sich möglichst nahe an den gesetzlichen Vorschriften bewegen und nicht versuchen sollten, gesetzlich geregelte Sachverhalte mit eigenen Worten nachzubilden, da ansonsten die Gefahr einer AGB-rechtlichen Unzulässigkeit besteht. Seine Musterformulierungen beschränken sich unter diesem Blickwinkel auf das aus Sicht der Lieferanten unerlässliche Minimum und berücksichtigen neben der besprochenen Rechtsprechung auch die aktuelle, teils schon wieder geänderte, Gesetzgebung.

1. Zustandekommen des Vertrages, Lieferbeginn, Erstlaufzeit

Der BGH hatte einerseits die Klausel „Der Stromlieferungsvertrag kommt zustande, sobald e. Ihnen dies bestätigt und den Beginn der Belieferung mitteilt, spätestens mit Aufnahme der Belieferung durch e.“ zu beurteilen, andererseits die Klausel „Der Stromliefervertrag kommt zustande, sobald S Ihnen in einem weiteren Schreiben … das Zustandekommen bestätigt und den verbindlichen Lieferbeginn mitteilt. …“. In beiden Fällen wurde von den AGB im Weiteren auf die zeitlichen Abläufe des Lieferantenwechselverfahrens nach § 14 Abs. 1 und Abs. 3 StromNZV a.F.4 Bezug genommen. Beide Klauseln wurden von den Gerichten gebilligt. Der BGH meint, die Klausel beschränke sich lediglich auf die Wiedergabe des Regelungsgehalts des § 147 Abs. 2 BGB5. Ungewissheiten lägen in der Sphäre des Kunden, nämlich in den Bedingungen des Stromlieferungsvertrags mit dem Altlieferanten. Dies habe entscheidenden Einfluss auf den Lauf und die Bemessung der Bindungsfrist6. Auch die zweite Alternative der Klausel7 sei nicht unangemessen, denn damit werde ein vertragsloser Zustand vermieden und dies entspreche dem Gedanken des § 2 Abs. 2 StromGVV8, nach dem ein Vertragsverhältnis jedenfalls mit faktischer Entnahme zustande komme9. Das OLG Frankfurt war hier - durchaus nachvollziehbar - noch anderer Meinung: Die Verwendung des Wortes „sobald“ lege bei kundenfeindlichstem Verständnis die Annahme nahe, dass der Kunde an sein Angebot solange gebunden sein solle, bis der Lieferant die Vertragsannahme bestätige oder die Strombelieferung aufnehme10. Wie der BGH verweist das OLG Hamm auf § 147 Abs. 2 BGB und stellt im Übrigen fest, dass die Klausel keine Bindungsfrist enthalte, auch nicht bei kundenfeindlichster Auslegung. Geregelt werde lediglich die Form des Vertragsschlusses11. Soweit die Klausel weiter ausführe, die Stromlieferung beginne bei einem Auftragseingang beim Neulieferanten bis zum 15. eines Monats in der Regel am 1. des übernächsten Monats, betreffe diese den Lieferbeginn, nicht aber den Vertragsschluss12. Der BGH ergänzte dies im Revisionsverfahren durch den Hinweis, dass auch in dem Verfahren nach dem Unterlassungsklagegesetz eine Klausel vor dem Hintergrund des gesamten Formularvertrags auszulegen ist und nicht aus einem ihre Beurteilung mit beeinflussenden Zusammenhang gerissen werden darf13. Der zeitliche Ablauf des Lieferantenwechselverfahrens nach § 14 StromGVV werde dem Kunden hinreichend deutlich gemacht14 und nur Umstände aus der Sphäre des Kunden, nämlich die Bedingungen des Stromlieferungsvertrags des Kunden mit seinem Vorlieferanten, hätten entscheidenden Einfluss auf den Lauf und damit die Bemessung der Bindungsfrist15. Schließlich läge auch keine unangemessen lange Frist für die Annahme oder die Ablehnung des Angebots vor16. …

1 Die Entscheidung - BGH, Urteil vom 18.7.2012 - VIII ZR 337/11 - finden Sie im vollen Wortlaut auf unserem Portal vkw-online.eu unter DokNr. 13001920: vorgehend OLG Frankfurt, Urteil vom 17.10.2011 - 1 U 33/11; vorgehend LG Frankfurt, Urteil vom 24.11.2010 - 2 O 21/10 (n.V.).

2 Die Entscheidung - BGH, Urteil vom 12.12.2012 - VIII ZR 14/12 - finden Sie im vollen Wortlaut auf unserem Portal vkw-online.eu unter DokNr. 13001929, vorgehend OLG Hamm, Urteil vom 9.12.2011 - I 19 U 38/11 - finden Sie im vollen Wortlaut auf unserem Portal vkw-online.eu unter DokNr. 13001935; vorgehend LG Dortmund, Urteil vom 14.1.2011 - 25 O 230/11.

3 Beide Verfahren beschäftigten sich mit Stromlieferungsverträgen, die Überlegungen sind aber auf Gaslieferungsverträge entsprechend anwendbar.

4 StromNZV vom 1.11.2006, gültig vom 8.11.2006 bis 9.5.2012. Die Regelung beinhaltete insbesondere, dass ein Lieferantenwechsel nur zum Ende eines Kalendermonats möglich war. § 14 Abs. 1 und Abs. 3 StromNZV a.F. wurden durch die Verordnung zur Änderung von Verordnungen auf dem Gebiet des Energiewirtschaftsrechts vom 30.4.2012 (BGBl I 1002) aufgehoben, nachdem sie bereits zuvor durch § 20 EnWG 2011 mit Wirkung zum 4.2.2012 obsolet geworden waren.

5 BGH, a.a.O. (Fn 1) Tz. 17 ff; BGH a.a.O. (Fn 2) Tz. 14 ff.

6 BGH. a.a.O. (Fn 1) Tz. 20.

7 „spätestens mit Aufnahme der Belieferung“.

8 Entsprechendes gilt für § 2 Abs. 2 GasGVV, § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV und § 2 Abs. 2 AVBWasserV.

9 BGH, a.a.O. (Fn 1) Tz. 23.

10 OLG Frankfurt a.a.O. (Fn 1), Tz. 31

11 OLG Hamm a.a.O. (Fn 2), Tz. 83

12 OLG Hamm a.a.O. (Fn 2), Tz. 85.

13 BGH, a.a.O. (Fn 2) Tz. 15.

14 BGH, a.a.O. (Fn 2) Tz. 16.

15 BGH, a.a.O. (Fn 2) Tz. 17.

16 BGH, a.a.O. (Fn 2) Tz. 18.

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