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Titel: Zur Rolle des Beirats der BNetzA
Datum: 30.08.2023
Aktenzeichen: VI 3 Kart 878/21
Gesetz: ARegV, BEGTPG
Artikeltyp: Rechtsprechung
Kategorien: Energie(wirtschafts)recht
Dokumentennummer: 23082127

Zur Rolle des Beirats der BNetzA

– OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.08.2023 – VI 3 Kart 878/21 –

Leitsätze des Gerichts:

  1. Existenz, Rolle und Rechtsstellung des Beirats der Bundesnetzagentur (vgl. § 5 BEGTPG, § 60 EnWG) sind mit dem unionsrechtlichen Gebot der Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde aus Art. 57 Abs. 4 und Abs. 5 der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.06.2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (noch) zu vereinbaren, weil dem Beirat in inhaltlichen Fragen keinerlei Entscheidungs- oder Weisungsbefugnisse gegenüber der Bundesnetzagentur zustehen.
  2. Das konkrete Wirken des Beirats kann indes gegen das unionsrechtliche Unabhängigkeitsgebot verstoßen. Dies ist dann der Fall, wenn Stellungnahmen und Äußerungen des Beirats, die dieser, einzelne Mitglieder oder dessen Vorsitzender im Vorfeld einer regulierungsbehördlichen Entscheidung abgibt, von den zuständigen Entscheidungsträgern auf Seiten der Bundesnetzagentur (fälschlicherweise) der Charakter einer verbindlichen Weisung beigemessen wird und diese hierauf entsprechend reagieren. Dies kann im Hinblick auf die hier verfahrensgegenständliche Festlegung der Eigenkapitalzinssätze für die vierte Regulierungsperiode durch die Beschlusskammer 4 der Bundes­netzagentur, konkret die gegenüber der Konsultationsfassung erfolgte Erhöhung des Wagniszuschlags um 0,395 Prozentpunkte mit der Folge einer höheren Eigenkapitalverzinsung, trotz der erfolgten Einflussnahmeversuche des Beirats und seines Vorsitzenden nicht festgestellt werden.
  3. Eine Verletzung des unionsrechtlichen Gebots der Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde ist nicht schon bei der bloßen Gefahr einer (politischen) Einflussnahme auf die getroffene regulierungsbehördliche Entscheidung bzw. beim schlichten »Anschein oder Verdacht der Parteilichkeit« und damit losgelöst vom Vorliegen einer Wei­sung und der Frage ihrer Beachtung durch den Adressaten zu bejahen.

Bitte den Beschluss über unten stehenden Link öffnen.

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