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Kommunalabwasserrichtlinie auf der Zielgeraden

29.01.2024 Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die EU-Institutionen auf die Neufassung der Kommunalabwasserrichtlinie geeinigt. Die neue Richtlinie enthält für die kommunale Abwasserwirtschaft zahlreiche neue Vorgaben. Vor allem mit der Verankerung einer starken Herstellerverantwortung mit Vollkostenansatz wird ein überfälliger Paradigmenwechsel vollzogen. Die Verabschiedung der neuen Richtlinie wird aufgrund der Europawahl erst Ende April erwartet. Laut dem Verband der kommunalen Unternehmen (VKU) sind folgende Regelungen geplant:

  • Nach Art. 7 und 8 soll es neue Anforderungen an die Abwasserbehandlung in der 3. und 4. Reinigungsstufe geben. Neu ist eine 4. Reinigungsstufe für Spurenstoffe (aber mit ausgeweiteten Fristen und angehobenen Schwellenwerten). Es gelten zeitlich gestaffelte Ausbauziele bis 2045 für Anlagen über 150.000 EW sowie für bestimmte Anlagen über 10.000 EW, daneben ambitioniertere Vorgaben für Stickstoff und Phosphor gestaffelt bis 2039 bzw. 2045.
  • Nach Art. 9 und 10 müssen Verursacher gemäß der Einführung einer Erweiterten Herstellerverantwortung für Arzneimittel und Kosmetikprodukte zahlen. Mindestens 80 % der Kosten für Ausbau und Betrieb der 4. Reinigungsstufen sollen dadurch finanziert werden; weitere 20 % sollen durch nationale Finanzierung erfolgen. Der Fokus steht hierbei auf Arzneimittel und Körperpflegeprodukte mit nationalen Systemen zur Umsetzung. Auch sog. First Mover sollen bei Betriebskosten und anteiligen Investitionskosten (Abschreibungen) berücksichtigt werden.
  • Nach Art. 11 soll die Energieneutralität der kommunalen Abwasserbehandlung bis 2045 (mit Zwischenzielen) als nationales Ziel für den Sektor insgesamt (nicht anlagenscharf: Einbezug von Anlagen ab 10.000 EW) sicher gestellt sein. Berücksichtigung von onsite oder offsite generierter Energie und Zukaufmöglichkeit bis 35 % „nicht-fossiler“ Energie. Energieaudits werden für Anlagen ab 10.000 EW verpflichtend, Ergebnisse der Audits begrenzen aber die Effizienzanforderungen.
  • Nach Art. 5 (Niederschlagswassermanagement) gelten integrierte Wassermanagementpläne für große Anlagen (ab 100.000 EW) bis 2033. Ein indikatives, unverbindliches Ziel ist eine Begrenzung der Mischwasserentlastung von nicht mehr als 2 % der Trockenwetterfracht. Es gilt eine vorrangige Berücksichtigung grüner und blauer Infrastrukturlösungen in städtischen Gebieten zur Verringerung von Regenwasserüberläufen.
  • Art. 5 beinhaltet die Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, die Wiederverwendung von behandeltem Abwasser aus kommunalen Kläranlagen zu fördern, wo dies möglich ist. Das gilt insbesondere in wasserarmen Gebieten und für alle Zwecke, wenn dies keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit hat. Eine Überprüfungsklausel soll die Prüfung der Einführung verbindlicher nationaler Pläne zur Wiederverwendung von Wasser, einschließlich nationaler Ziele und Maßnahmen, sicherstellen.

– VKU –

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