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Klimaneutralität auch für Verteilnetze

14.12.2021 Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wird im Rahmen der Vereinbarungen zum Klimaschutz auch der relativ neue Begriff eines sog. »Klimaneutralitätsnetz« verwendet. Er taucht u.a. im Zusammenhang mit Netzentwicklungsplänen und Bundesbedarfsplan auf. Was bedeutet das Klimaneutralitätsnetz im Vergleich zum »Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung« in § 3 Nr. 17 EnWG? Energieversorgungsnetze dienen laut Definition »der Verteilung von Energie an Dritte« und sollen »für die Versorgung jedes Letztverbrauchers offenstehen«. Nun soll der Zweck von Netzen dahingehend erweitert werden, dass Netze auch einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten sollen. Viele Netzbetreiber wollen als Unternehmen klimaneutral werden. Bislang fehlte jedoch ein auf die Branche ausgerichteter Standard. Jetzt haben acht Netzbetreiber dazu ein sog. Whitepaper für klimaneutrale Verteilnetze veröffentlicht und darin einen neuen Branchenstandard erarbeitet. Das Whitepaper umfasst eine Empfehlung zur Treibhausgas-Erfassung und -Bilanzierung und Maßnahmen zur Reduktion, wie der federführende Netzbetreiber Netze BW mitteilte. In dem unternehmensübergreifenden Projekt haben sich die beteiligten Unternehmen in den vergangenen Monaten intensiv damit befasst, wie die Vorgaben des Greenhouse Gas Protocols, dem international anerkannten Standard zur Treibhausgas-Bilanzierung, im Verteilnetzbetrieb sachgerecht umgesetzt werden können. Das Whitepaper soll Empfehlungen für sinnvolle und notwendige Anpassungen im europäischen und nationalen Rechtsrahmen aussprechen. So sollen bislang bestehende rechtliche Hemmnisse für die Reduktion von Treibhausgasen bei Verteilnetzbetreibern aufgelöst werden. Beteiligt waren neben der Netze BW die Netze ODR, Stuttgart Netze, ED Netze, Netze-Gesellschaft Süd west, Netzgesellschaft Düsseldorf, NHF Netzgesellschaft Heilbronn-Franken sowie der tschechische Verteilnetzbetreiber PREdistribuce. Die KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat das Projekt begleitet. Sie wirkt auch an den Standards des Greenhouse Gas Protocol mit. Das Whitepaper wurde bei der Veranstaltung »Klimaneutraler Verteilnetzbetreiber in der Kommune« vorgestellt. Bisher war Aufgabe der Netzbetreiber, in erster Linie die vom Netzkunden gekaufte Energie vom Erzeuger bzw. vom Verkäufer kostengünstig und diskriminierungsfrei zum Kunden zu transportieren. Welche Qualität die Energie (grauer oder grüner Strom, fossiles Erdgas oder Biomethan) hat, konnte der Kunde vorgeben. Wenn sich ein Erzeuger (Wind- oder PV-Strom bzw. Biogas) in das Netz einspeisen wollte, musste ihm der Netzbetreiber dieses grundsätzlich ermöglichen. Um ein »Klimaneutralitätsnetz« zu errichten, muss das allgemeine Versorgungsnetz so aus- und umgebaut werden, dass eine CO2-freie Energieversorgung möglich ist. Voraussetzung dafür ist ein umfassender Ausbau des Stromnetzes, und zwar der Übertragungs- und Stromverteilungsnetze. Auch die Gasnetzbetreiber sollten Wasserstoffkunden in ihrem Netzgebiet den Zugang zu Wasserstoff bzw. anderen grünen Gasen ermöglichen. Wichtiges Thema ist in diesem Zusammenhang die sog. Sektorkopplung, also die Verzahnung von Strom, Wärme und Mobilität, damit die erneuerbaren Energien optimal genutzt und integriert werden können. Fossile Energieträger sollen nach und nach durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Netzbetreiber müssen hier einen Beitrag leisten, damit dieser Umbau des Energiesystems möglichst kostengünstig und effizient vollzogen werden kann. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) betont die Bedeutung der Verteilnetzbetreiber für die Kommunen: »Klimaschutz findet vor allem vor Ort statt. Die Maßnahmen zum Erreichen der Klimaschutzziele werden maßgeblich von den Kommunen und ihren Unternehmen umgesetzt.« Deswegen stehe Klimaneutralität ganz oben auf der Agenda der Kommunen und der kommunalen Unternehmen. Ein klimaneutraler Netzbetrieb sei hierbei ein wertvoller Baustein. - Quelle: BW Netze -

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