Verlag Versorgungswirtschaft GmbH - page 26

tung von Schulmensa und Bad entgeltliche Dienstleistungen
i.S.d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL erbracht hat (EuGH
v. 12.5.2016, C-520/14, Gemeente Borsele, EU:C:2016:334,
UR 2016, S. 520; ferner BFH v. 28.6.2017, XI R 12/15, DStR
2017, S. 1873). Dies hat das Finanzgericht hinsichtlich der
Verpachtung sowohl der Schulmensa als auch des Bades fest-
gestellt.
Aus einer »Asymmetrie« zwischen Betriebskosten und den
als Gegenleistung für die angebotenen Dienstleistungen er-
haltenen Beträgen – wie sie der EuGH bei einer Kostende-
ckungsquote von 3% erkannt hat (Urteil Gemeente Borsele,
EU:C:2016:334, UR 2016, S. 520) – kann zwar im Rahmen der
erforderlichen Gesamtbewertung folgen, dass es an einem
tatsächlichen Zusammenhang zwischen dem gezahlten Be-
trag und der Erbringung der Dienstleistungen fehlt. Hiervon
geht auch der BFH in seinem Urteil vom 15.12.2016 (V R
44/15, BFHE 256, 557, UR 2017, S. 302) aus, indem alle Um-
stände zu prüfen sind, unter denen die Tätigkeit erfolgt ist.
Im Streitfall kam das Finanzgericht im Rahmen der erforder-
lichen Gesamtbewertung zum Ergebnis, dass dieser Zusam-
menhang besteht und die in Rede stehenden Tätigkeiten der
Klägerin jeweils als eine wirtschaftliche Tätigkeit (i.S.d. Art. 9
MwStSystRL) angesehen werden können.
Eine Zulassung der Revision wegen Divergenz kommt eben-
so wenig in Betracht, soweit die Verwaltung geltend macht,
die Vorinstanz habe – anders als der BFH in seinem Urteil
vom 15.12.2016 (V R 44/15, BFHE 256, 557, UR 2017, S. 302) –
die jeweilige Pacht nicht mit der Verwaltungskostenpauscha-
le als Gegenleistung für die Erstellung der Absatzstatistik
(Mensa) bzw. dem Betriebskostenzuschuss als Gegenleistung
für die Betriebsführung (Bad) saldiert. Diesbezüglich sind die
Sachverhalte nach den für den Senat gemäß § 118 Abs. 2
FGO bindenden Feststellungen und Würdigungen weder
gleich noch vergleichbar.
Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung
der Rechtssache i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die
Rechtsfrage, ob bei der Verpachtung einer Einrichtung durch
eine jPdöR von einer Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen
auszugehen ist, wenn ein von ihr gewährter Zuschuss zum
Unterhalt und Betrieb der Einrichtung die Pachtzahlung
übersteigt und nach Saldierung aufgrund der tatsächlichen
und rechtlichen Verknüpfung von Pacht und Zuschuss im
Ergebnis weder Entgelt gezahlt noch Einnahmen erzielt
werden, ist im konkreten Fall nicht klärbar. Die Klärung setzt
einen Sachverhalt voraus, der sich in den tatsächlichen Fest-
stellungen des angefochtenen Urteils nicht wiederfindet (z.B.
BFH, Beschluss v. 17.11.2015, XI B 52/15, BFH/NV 2016,
S. 431). Hier hat das Finanzgericht bindend festgestellt, dass
die Zahlungen der Klägerin an A und C jeweils Entgelte für
steuerbare Leistungen sind, die an die Klägerin ausgeführt
wurden.
– M.Kr. –
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VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
HEFT 1 2018
BESONDERES STEUER- UND ABGABENRECHT DER KOMMUNEN
Bearbeitung durch Dipl.-Bw. (FH) / Dipl.-Vw. / Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter
Abwasserbeiträge
DokNr. 18004533
Maßstabsregelungen hinsichtlich der Grund-
stücksfläche
– VG Cottbus, Urteil vom 24.10.2016 – 6 K 922/14 –
Leitsätze der Redaktion:
1. Grundstücke, die durch eine Entwässerungsanlage bau-
lich oder gewerblich genutzt werden, sind entsprechend
im Sinne einer beitragsrechtlich nach Maßgabe des Vor-
teilsbegriffs in § 8 Abs. 2 und 6 KAG zulässigen Betrach-
tung und Satzungsauslegung »nutzbar«.
2. Die Beitragssatzung verstößt nicht gegen den Grundsatz
der konkreten Vollständigkeit, weil sie die Vollgeschoss-
definition des § 2 Abs. 6 BbGBO n.F., wonach ein Vollge-
schoss jedes oberirdische Geschoss ist, dessen Decken-
oberkante im Mittel mehr als 1,40 m über die Gelände-
oberfläche hinausragt, verwendet, jedoch keine Auffang-
vorschrift in der Weise enthält, dass jedenfalls mindestens
ein Vollgeschoss angesetzt wird. Es ist nämlich nicht zu
erwarten, dass ein Gebäude in einem Gewerbe- oder In-
dustriegebiet niedriger als 1,40 m ist.
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem
Schmutzwasseranschlussbeitrag durch den Beklagten.
Die statthafte und auch sonst zulässige Anfechtungsklage hat
keinen Erfolg.
Nach dem Grundsatz der konkreten Vollständigkeit muss der
Satzungsgeber den Verteilungsmaßstab für alle im Entsor-
gungsgebiet und im zeitlichen Anwendungsbereich der Bei-
tragssatzung realistischerweise zu erwartenden Anwendungs-
fälle selbst regeln (z.B. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v.
15.6.2016, 9 B 31.14, juris; Beschlüsse v. 14.7.2015, OVG 9 S
44.14, juris; v. 28.8.2015, OVG 9 N 8.15; Urteil v. 18.4.2012, 9
B 62.11, juris). Eine Verteilungsregelung, die einzelne Fälle
ungeregelt lässt, führt daher zur Unwirksamkeit der Maß-
stabsregelung insgesamt (OVG Brandenburg, Urteil v. 31.7.2003,
2 D 27/02.NE; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v.
7.11.1996, 4 K 11/96, juris; Urteil v. 15.3.1995, 4 K 22/94; OVG
Lüneburg, Urteil v. 11.6.1991, 9 L 186/89, KStZ 1992, 56). Der
Grundsatz der konkreten Vollständigkeit erfährt dahinge-
hend eine Einschränkung, dass er insoweit nicht erfordert,
dass für alle irgendwie »denkbaren« Fälle eine Maßstabs-
regelung in der Satzung vorhanden sein muss, sondern nur
für die »realistischerweise« zu erwartenden Fälle.
Hier halten die Maßstabsregelungen hinsichtlich der Grund-
stücksfläche einer Prüfung stand. § 6 Buchst. a, b und c ABS
2012 regeln die Grundstücksfläche von Grundstücken im Be-
reich eines Bebauungsplanes, im unbeplanten Innenbereich
und von Grundstücken, welche mit Teilflächen in beiden Be-
reichen liegen. Diese Regelungen werden ergänzt durch die
Regelungen in § 6 Buchst. d und g Abwasserbeitragssatzung
(ABS 2012) für sog. durchlaufende Grundstücke und begeg-
nen keinen Bedenken. Die Regelung zu den Außenbereichs-
grundstücken in § 6 Buchst. f ABS 2012 ist gleichfalls nicht zu
beanstanden. Ein Grundstück im Außenbereich (§ 35 BauGB)
unterliegt der Beitragspflicht, wenn es dauerhaft oder vo-
rübergehend mit baulichen Anlagen, bei deren Benutzung
Schmutzwasser anfällt oder anfallen kann, bebaut ist und das
Grundstück durch eine betriebsfertig hergestellte leitungs-
gebundene öffentliche Entwässerungsanlage erschlossen wird
und an die betriebsfertig hergestellte leitungsgebundene
öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossen werden kann
oder tatsächlich angeschlossen ist oder aufgrund einer Son-
dervereinbarung an die betriebsfertig hergestellte leitungs-
gebundene öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossen
wird. Bei Auslegung des Begriffes »bebaut« orientiert sich
das VG an der entsprechenden Regelung in der Brandenbur-
gischen Bauordnung (BbgBO), wenn – wie hier – die Bei-
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