Verlag Versorgungswirtschaft GmbH - page 30

Das Mobilheim des Klägers genügt den tatsächlichen Anfor-
derungen an eine Zweitwohnung i.S.d. § 2 Abs. 1 der Sat-
zung. Dessen Ausstattung unterscheidet sich nicht wesentlich
von der einfacher Ferienhäuser. Unerheblich ist insbesonde-
re, dass es über Räder und eine Deichsel verfügt und damit
theoretisch beweglich ist. Das Mobilheim des Klägers wird
trotz des Vorhandenseins von Achse und Rädern ortsfest ge-
nutzt. Ein Bewegen von Mobilheimen ist zudem nur mit er-
heblichem Aufwand (Sattelzugmaschine, Erlaubnis nach § 46
StVO) möglich.
Mobilheime erfüllen den satzungsmäßigen Wohnungsbegriff
im üblichen Sinne. Eine Wohnung liegt zwar regelmäßig,
nicht aber zwingend in einem Gebäude. So gibt es Haus-
boote, Schiffe, Wohn-/Bauwagen und eben Mobilheime, mit
denen der Wohnbedarf, wenn meist auch nur temporär, be-
friedigt werden kann. Vom Sinn und Zweck der Satzungsbe-
stimmungen ist ein dauerhafter Aufenthalt nicht erforderlich,
vielmehr der Zweitwohnungssteuer als Aufwandssteuer so-
gar wesensfremd; besteuert wird die weitere Unterkunft, die
eben nicht Hauptwohnung sein darf. Deshalb ist die Existenz
einer Heizung und demgemäß eine ganzjährige Nutzbarkeit
des Mobilheims nicht Voraussetzung. Ausreichend ist viel-
mehr allein eine Beheizbarkeit (OVG Schleswig, Beschluss v.
17.3.2015, 2 LA 8/15), die auch im Falle des Klägers z.B.
durch einen elektrischen Heizlüfter ohne Weiteres gegeben
ist. Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer als Jahressteuer
wäre erst dann unverhältnismäßig, wenn die Nutzungsmög-
lichkeit zwei Monate unterschreiten würde (BVerwG, Urteil
v. 26.9.2001, 9 C 1/01, juris).
Trotz der für die Abgrenzung von Zweit- und Hauptwohnung
bestehenden Tatbestandswirkung des Melderechts im Zweit-
wohnungssteuerrecht (OVG Schleswig, Urteil v. 6.8.2015, 2
LB 7/15, juris), wendet die Rechtsprechung nicht den weiten
Wohnungsbegriff des Melderechts an, der jeden zum Woh-
nen oder Schlafen benutzten umschlossenen Raum ausrei-
chen lässt (§ 20 BMG). Erforderlich ist schon eine abgeschlos-
sene Wohneinheit mit sanitärer Ausstattung und Kochgele-
genheit (OVG Schleswig, Urteil v. 20.3.2002, 2 L 136/00,
juris). Dabei ist unter sanitärer Ausstattung nach Auffassung
der Kammer eine Toilette mit Wasserspülung sowie ein Wasch-
becken mit fließend Wasser zu verstehen. Nicht erforderlich
hingegen ist das Vorhandensein einer Dusche oder gar einer
Badewanne. Unter Kochgelegenheit versteht die Kammer
des VG zumindest eine Herdplatte sowie eine Spüle. Diese
Anforderungen erfüllt das Mobilheim des Klägers.
Auch die mit Bescheid vom 28.9.2015 errechnete Höhe der
jährlichen Zweitwohnungssteuer hält einer rechtlichen Über-
prüfung stand. Schließlich bestehen keine rechtlichen Beden-
ken an der Heranziehung des Klägers zu Zweitwohnungs-
steuer für die Jahre 2013, 2014 und 2015 nach langjähriger
(nach Schätzung des Klägers 30-jähriger) Nichtheranziehung
von Mobilheimen durch den Beklagten. Der Kläger kann sich
nicht auf Vertrauensschutz berufen. Vielmehr genießt der
Kläger wegen eines reinen Vollzugsdefizits den Vorteil der
späten Veranlagung.
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VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
HEFT 1 2018
ARBEITSRECHT
Bearbeitung durch Dr. Jutta Cantauw und André A. Schiepel, maat Rechtsanwälte, München
DokNr. 18004537
Betriebliches Eingliederungsmanagement keine
Voraussetzung für Versetzung von Nacht- in
Wechselschicht nach Krankheit
– BAG, Urteil vom 18.10.2017 – 10 AZR 47/17 –
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Versetzung.
Der Arbeitgeber hatte den Arbeitnehmer, nach längerer Krank-
heit und der Durchführung eines sogenannten Rückkehr-
gespräches, von einer Dauernachtschicht in die Wechsel-
schicht versetzt. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement
war nicht durchgeführt worden. Der Arbeitnehmer war gegen
diese Versetzung vorgegangen u. a. mit dem Argument, dass
vor der Versetzung ein betriebliches Eingliederungsmanage-
ment hätte durchgeführt werden müssen.
Das BAG hob die der Klage stattgebende Entscheidung des
LAG Baden-Württemberg auf und verwies zur weiteren
Sachverhaltsaufklärung an das LAG zurück.
Es hielt insofern fest, dass das betriebliche Eingliederungs-
management im Sinne des § 84 Abs. 2 SGB IX keine formelle
Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung sei. Dies
gelte auch dann, wenn die Versetzung auf Gründe gestützt
sei, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des
Arbeitnehmers lägen bzw. die Verbesserung des Gesund-
heitszustandes beabsichtigen.
Maßgeblich sei für die Versetzung, ob die Weisung des
Arbeitgebers insgesamt im billigem Ermessen i. S. d. § 106
Satz 1 Gewerbeordnung, 315 Abs. 1 BGB entspreche. Dabei
seien alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Hier-
zu hat das LAG keine Feststellungen getroffen, sodass das
BAG zurückverweisen musste.
Hinweis:
Auch im Bezug auf Versetzungen ist nach dieser
Entscheidung des BAG die Durchführung des betrieblichen
Eingliederungsmanagements keine Wirksamkeitsvorausset-
zung. Ob und inwieweit ohne Durchführung des BEM eine
Versetzung aber dem billigen Ermessen entspricht, ist damit
noch nicht geklärt. Dies wird man für jeden Einzelfall geson-
dert entscheiden müssen. Erkennbar gesundheitsschädliche
Maßnahmen des Arbeitgebers werden jedoch in derartigen
Fällen unbillig sein.
– AS –
Präsenzseminar in Nürnberg
»Update Arbeitsrecht 2018«
Dienstag, 13.03.2017 von 09:30 bis 17:00 Uhr
Referenten: RAin Dr. Jutta Cantauw und RA André A. Schiepel
Weitere Informationen finden Sie unter
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