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chen Wegen sollen gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG solche
Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge
nach Art. 5a KAG zu erheben sind.
Bei der Bildung des Abrechnungsgebietes ist die Beklagte zu
Recht davon ausgegangen, dass die Straße O als die maßgeb-
liche Ortsstraße den Gegenstand der Erneuerung und damit
den für die Aufwandsverteilung maßgeblichen Raum bildet.
Da die Beklagte weder eine rechtliche Abschnittsbildung
noch eine Zusammenfassungsentscheidung nach Art. 5 Abs. 1
Satz 5 KAG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 2 ABS beschlossen hat, ist
als Gegenstand der beitragsfähigen Ausbaumaßnahme auf
die einzelne Ortsstraße als die maßgebliche öffentliche Ein-
richtung i.S.v. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG abzustellen. Wo eine
solche Ortsstraße beginnt und wo sie – auch in der Form des
Übergangs in eine andere Ortsstraße – endet, bestimmt sich
grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen
tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter
vermitteln. Zugrunde zu legen ist dabei der Zustand im Zeit-
punkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten, also
nach Durchführung der Ausbaumaßnahme (st.Rspr.; vgl.
VGH Bayern, Urteil v. 1.6.2011, 6 BV 10.2467, juris).
Das von der Beklagten auf dieser Grundlage für den Ausbau
der Ortsstraße O gebildete Abrechnungsgebiet erweist sich
– zugunsten der Klägerin – als fehlerhaft, weil das nicht ge-
fangene Hinterliegergrundstück Fl.-Nr. H zu Unrecht in die
Verteilung des umlagefähigen Aufwands einbezogen wurde.
Demgegenüber gehört das nicht gefangene Hinter-Hinterlie-
gergrundstück Fl.-Nr. Y nicht zum Kreis der beitragspflichti-
gen Grundstücke.
Nicht gefangene Hinterliegergrundstücke haben bei der Auf-
wandsverteilung grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben,
wenn sie aufgrund planungsrechtlicher, sonstiger rechtlicher
oder tatsächlicher Umstände eindeutig erkennbar auf die
Straße ausgerichtet sind, an die sie angrenzen, wenn es also
mit anderen Worten im Zeitpunkt des Entstehens der sach-
lichen Beitragspflichten an irgendwelchen Anhaltspunkten
fehlt, die den Schluss erlauben, die abzurechnende Straße
werde über das Anliegergrundstück vom Hinterliegergrund-
stück aus ungeachtet dessen direkter Anbindung an seine
»eigene« Straße in nennenswertem Umfang in Anspruch ge-
nommen. Als Anhaltspunkt für den Schluss auf eine nen-
nenswerte Inanspruchnahme kommt insbesondere eine tat-
sächlich angelegte Zufahrt oder ein tatsächlich angelegter
Zugang über das Anliegergrundstück in Betracht. Bei nicht
gefangenen Hinterliegergrundstücken reicht nämlich aus-
nahmsweise – anders als bei Anliegergrundstücken – allein
der Umstand, dass deren Eigentümer über die Anlieger-
grundstücke eine hinreichend gesicherte Inanspruchnahme-
möglichkeit der ausgebauten Straße haben, nicht für deren
Teilnahme an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands
aus. Vielmehr ist bei diesen Hinterliegergrundstücken zu-
sätzlich eine Bewertung der Inanspruchnahmemöglichkeit
geboten, die ausschließlich nach dem Umfang der (wahr-
scheinlichen) tatsächlichen Inanspruchnahme der ausgebau-
ten Straße zu erfolgen hat. Denn an dem die Beitragserhe-
bung rechtfertigenden Vorteilsausgleich sind Grundstücke
nur zu beteiligen, wenn und soweit ihnen durch die Inan-
spruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße ein nen-
nenswerter Vorteil zuwächst. Ist die gebotene Inanspruch-
nahmemöglichkeit für ein Hinterliegergrundstück objektiv
wertlos, weil nicht zu erwarten ist, dass von diesem Grund-
stück aus die ausgebaute Straße in einem relevanten Umfang
in Anspruch genommen werden wird, dann hat dieses
Grundstück aus einer gebotenen Inanspruchnahmemöglich-
keit keinen Sondervorteil und scheidet deshalb aus dem
Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke aus (st.Rspr.; vgl.
VGH Bayern, Beschluss v. 18.5.2016, 6 ZB 15.2785, juris).Ge-
messen an diesem Maßstab bestehen für das nicht gefangene
Hinterliegergrundstück Fl.-Nr. H, das an die öffentlichen
Fußwege Weg und Wiese angrenzt, keine greifbaren An-
haltspunkte, die darauf schließen lassen, dass die tatsächlich
angelegte Zugangsmöglichkeit über das Anliegergrundstück
Fl.-Nr. W auf die Straße O in einem relevanten Umfang in
Anspruch genommen wird.
Zweitwohnungssteuer
DokNr. 18004536
Steuerpflicht von Mobilheimen
– Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 11.10.2016 – 2 A
186/15 –
Leitsatz des Gerichts:
Mobilheime können wegen ihrer Ausstattung Wohnungen
im zweitwohnungssteuerrechtlichen Sinne sein und können
ohne explizite Satzungsregelung zu Zweitwohnungssteuer
veranlagt werden.
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Zweit-
wohnungssteuer für sein Mobilheim. Die Holz-/Presspappe-
konstruktion mit gummibereiften Rädern und Achse steht auf
dem Campingplatz. Es verfügt über keine Heizung und ist
nicht winterfest, hat eine Kochnische, Wohnbereich, Flur,
Schlafplatz und Waschraum. Mit Bescheid vom 28.9.2015
setzte der Beklagte gegen den Kläger Zweitwohnungssteuer
für die Jahre 2013 und 2014 sowie eine Vorauszahlung für
das Jahr 2015 fest.
Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Entgegen seiner Auffassung hat der Kläger eine Zweitwoh-
nung in Form eines Mobilheims inne. Er nutzt das Mobilheim
ausschließlich selbst und hält es damit – unabhängig von der
Dauer und Anzahl der Aufenthalte – zum Zwecke der eige-
nen Erholung vor. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang,
ob das Mobilheim nach Alter und Ausstattung für Vermie-
tungszwecke geeignet ist. Der Zweitwohnungsinhaber be-
treibt einen besteuerbaren Aufwand, wenn er in seiner Per-
son oder in der eines Angehörigen die Wohnung zu Zwecken
der persönlichen Lebensführung nutzt bzw. sie für diese
Zwecke vorhält, sodass er sich zumindest die Möglichkeit der
Eigennutzung offen hält (BVerfG, Beschluss v. 6.12.1983, 2
BvR 1275/79, juris; BVerwG, Urteil v. 10.10.1995, 8 C 40/93,
juris; Beschluss v. 20.4.1998, 8 B 25/98, juris).
Mit dem Innehaben eines Mobilheims auf einem Dauerstand-
platz wird ein Aufwand betrieben, der über die Befriedigung
des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht. Während das
Innehaben einer Hauptwohnung dem allgemeinen Grund-
bedarf des Wohnens dient, gilt dies für Mobilheime, die nicht
als Hauptwohnung dienen, nicht. Das Vorhalten einer weite-
ren Wohnung oder eines Mobilheims dient nicht der Befriedi-
gung des allgemeinen Lebensbedarfs. Der Aufwand für ein
Mobilheim auf einem Campingplatz, als da sind Erwerbskos-
ten sowie die Standplatzkosten, ist damit einer Besteuerung
nach § 3 Abs. 1 KAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2a GG grundsätzlich
fähig (so für Mobilheime, Wohnmobile, Wohn- und Camping-
wagen OVG Schleswig, Urteil v. 19.11.2003, 2 KN 1/03, juris;
Beschluss v. 25.1.2006, 2 KN 1/05, juris; VG Schleswig, Urteil
v. 4.12.2015, 2 A 227/13).
HEFT 1 2018
VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
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Online-Kommentar »ABC des kommunalen Beitrags- und Gebührenrechts«
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