Verlag Versorgungswirtschaft - page 30

und Verbesserung des Gehweges erforderlich, der vor den
Baumaßnahmen aus mehr als 40 Jahre alten Betonplatten be-
stand, die an verschiedenen Stellen bereits leicht abgesenkt,
gerissen oder sonst schadhaft waren. Die Entscheidung, im
Zuge der Erneuerung und Verbesserung der Fahrbahn, der
Regenentwässerung und des Gehweges zusätzliche Stellplät-
ze herzustellen, erscheint angesichts des bestehenden hohen
Stellplatzbedarfs ebenfalls nachvollziehbar. Die auf der
Grundlage dieser Entscheidung veranlassten Baumaßnah-
men stellen sich als beitragsfähige Verbesserung der Alten
Lohmühlenstraße dar, da durch die Trennung des ruhenden
vom fließenden Verkehr die Alte Lohmühlenstraße leichter
und sicherer benutzbar geworden ist. Ist die Herstellung der
Stellplätze auf der westlichen Seite erforderlich und beitrags-
fähig, so bildet die dadurch erforderlich gewordene Verle-
gung des Gehweges und die Umsetzung der Straßenbeleuch-
tung eine notwendige Folgemaßnahme. Hierbei ist das Verle-
gen eines neuen Kabels – unabhängig vom Alter des bisheri-
gen Kabels – nicht sachlich unvertretbar (VG Frankfurt
(Oder), Urteil v. 11.11.2014, VG 3 K 278/13). Der Beklagte hat
letztlich nachvollziehbar dargelegt, dass er die Kosten für die
energiesparende Ausgestaltung der umgesetzten Straßenbe-
leuchtung, die er im Zuge der vorliegend abgerechneten
Baumaßnahmen veranlasste, nicht in die Beitragsberechnung
einbezogen hat.
Straßenreinigungsgebühren
DokNr. 17004090
Ermittlung des Gemeindeanteils bei Straßen-
reinigungsgebühren
– OVG Lüneburg, Beschluss vom 04.03.2016 – 9 LA 154/15 –
Leitsätze der Redaktion:
1. Bei der Festlegung des Gemeindeanteils bei Straßenreini-
gungsgebühren ist zunächst die Höhe des Allgemeininte-
resses bezogen auf die einzelnen Straßengruppen (z.B.
Anliegerstraßen, Straßen mit starkem innerörtlichen Ver-
kehr, Durchgangsstraßen) und sonstigen Anlagen zu er-
mitteln. Danach sind die gebildeten Straßengruppen und
sonstigen Anlagen hinsichtlich ihrer jeweiligen Reini-
gungsfläche zueinander ins Verhältnis zu setzen. Aus die-
sem Verhältnis und dem Ausmaß der einrichtungsfremden
Nutzung innerhalb der Gruppen errechnet sich der ein-
heitlich festgelegte Gemeindeanteil.
2. Pauschale Prozentsätze eines kommunalen Eigenanteils
bei Straßenreinigungsgebühren (z.B. von 25%) kommen
nicht (mehr) in Betracht.
Aufgrund ihrer Straßenreinigungsgebührensatzungen zog
die Antragsgegnerin den Eigentümer des Grundstücks zu
Gebühren für die Straßenreinigung und den Winterdienst für
die Gebührenjahre 2010 bis 2013 heran. Sie führte die Reini-
gung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze innerhalb
der geschlossenen Ortslage als öffentliche Einrichtung nach
Maßgabe ihrer Straßenreinigungssatzung und der Straßen-
reinigungsverordnung in der jeweils gültigen Fassung durch.
Gebührenpflichtig sind als Benutzer der öffentlichen Einrich-
tung Straßenreinigung die Eigentümer der Grundstücke, die
nach dem Straßenverzeichnis der Anlage zur Straßenreini-
gungssatzung an gereinigten Straßen, Wegen und Plätzen
liegen. Der nicht auf die Anlieger umzulegende, also von der
Antragsgegnerin zu tragende Teil der Straßenreinigungskos-
ten einschließlich der Kosten für den Winterdienst ist laut den
Satzungen auf 25% festgelegt.
Die Notwendigkeit, im Straßenreinigungsgebührenrecht
einen Gemeindeanteil zu bestimmen, ergibt sich daraus, dass
die Straßenreinigung nicht nur im Interesse dieser Grund-
stückseigentümer, sondern auch im Interesse der einrichtungs-
fremden Straßennutzer und in diesem Umfang im Allgemein-
interesse durchgeführt wird (BVerwG, Urteile v. 25.5.1984, 8
C 55.82 und 8 C 58.82, BVerwGE 69, 242; v. 7.4.1989, 8 C
90.87, BVerwGE 81, 371; OVG Lüneburg, Urteil v. 8.6.1993, 9
K 4785/91; Beschluss v. 9.8.1999, 9 L 2759/99; Lichtenfeld, in:
Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2015,
§ 6 Rz. 744). Dabei unterscheiden sich das Anlieger- bzw. All-
gemeininteresse vom Straßenausbaubeitragsrecht. Das An-
liegerinteresse beschreibt im Straßenreinigungsgebührenrecht
das Interesse, das die Eigentümer von an gereinigte Straßen
angrenzenden Grundstücken an der Reinigung der Straßen
und sonstigen Anlagen innerhalb der öffentlichen Einrich-
tung haben. Das Allgemeininteresse wird dagegen begrün-
det durch das Interesse von ortsansässigen Eigentümern von
Grundstücken an nicht zur öffentlichen Einrichtung Straßen-
reinigung gehörenden Straßen sowie von Ortsfremden. Außer-
dem kann die Gemeinde ein eigenes Interesse an der Reini-
gung ihrer Straßen, Wege und sonstigen Anlagen innerhalb
der satzungsmäßig definierten öffentlichen Einrichtung haben
(OVG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 9.9.2015, 6 A 10447/15, juris).
Der Gleichheitssatz des Art. 3 GG verbietet es, diejenigen
Kosten, die der Befriedigung dieses Allgemeininteresses die-
nen, den Anliegern (und Hinterliegern) aufzubürden (BVerwG,
Urteile v. 25.5.1984, 8 C 55.82 und 8 C 58.82, juris; v. 7.4.1989,
8 C 90.87, juris). Die Höhe des auf das Allgemeininteresse
entfallenden Teils der Straßenreinigungskosten (Gemeinde-
anteil) festzulegen, liegt im Ermessen des Ortsgesetzgebers
(OVG Lüneburg, Beschluss v. 17.10.2007, 9 LA 377/05, juris;
Urteil v. 1.2.2016, 9 KN 277/14). Der Ortsgesetzgeber muss
sich bei seiner Entscheidung an den örtlichen Gegebenheiten
orientieren. Es ist zwar rechtlich zulässig, aber nicht notwen-
dig, dass der Gemeindeanteil differenziert nach der Ver-
kehrsbedeutung der jeweils gereinigten Straßen festgelegt
wird (BVerwG, Urteil v. 7.4.1989, 8 C 90.87, juris; OVG Lüne-
burg, Urteil v. 14.10.1997, 9 L 3432/96, juris). Wird jedoch ein
das Allgemeininteresse an der gesamten öffentlichen Einrich-
tung der Straßenreinigung einheitlich abdeckender Gemein-
deanteil festgelegt, muss zunächst die Höhe des Allgemein-
interesses ermittelt werden, das bei den einzelnen Straßen-
gruppen (z.B. Anliegerstraßen, Straßen mit starkem innerört-
lichen Verkehr, Durchgangsstraßen) und sonstigen Anlagen
(z.B. öffentlich zugängliche Park- und Grünanlagen) in sei-
nem Gebiet jeweils an der Straßenreinigung besteht. Sodann
sind die jeweils gebildeten Straßengruppen und sonstigen
Anlagen hinsichtlich ihrer jeweiligen Reinigungsfläche zuei-
nander ins Verhältnis zu setzen. Aus diesem Verhältnis der
verschiedenen Gruppen zueinander und dem Ausmaß der ein-
richtungsfremden Nutzung innerhalb der Gruppen errechnet
sich der einheitlich festgelegte Gemeindeanteil. Soweit der
Senat den Ansatz eines kommunalen Eigenanteils bei Stra-
ßenreinigungsgebühren i.H.v. 25% generell als unbedenklich
angesehen hat (OVG Lüneburg, Urteil v. 24.8.1994, 9 K
5140/93, juris; Beschluss v. 9.8.1999, 9 L 2759/99), hält er hieran
nicht mehr fest. Das OVG Lüneburg merkt im Übrigen an,
dass ein Gemeindeanteil in dieser Höhe vor allem in Gemein-
den mit einem hohen Anteil von Durchgangsstraßen, bei
denen die Straßenreinigung überwiegend im Interesse ein-
richtungsfremder Nutzer durchgeführt wird, zu niedrig sein
wird.
Die Antragsgegnerin ist bei der Bildung des Gemeindeanteils
diesen Maßgaben nicht gerecht geworden, da sie das Anlie-
ger- und Allgemeininteresse nur unvollständig bewertet hat.
Es ergeben sich aus den Sitzungsvorlagen der Verwaltung für
die Ratssitzungen und der Gebührenkalkulation keine Hin-
weise darauf, welche Ermessenserwägungen der Rat der An-
tragsgegnerin bei der Festlegung des in der Satzung ausge-
wiesenen Gemeindeanteils von 25% gewählt hat und auf
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VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
HEFT 1 2017
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