Verlag Versorgungswirtschaft - page 28

verbot greift vorliegend nicht, weil ein Gartenwasserverbrauch
von 14 m³ vom Kläger nachgewiesen wurde und somit eine
»Wassermenge bis zu 12 m³ jährlich« überschritten wird. § 10
Abs. 3 Buchst. a der BGS-EWS kann nicht dahingehend aus-
gelegt werden, dass nur der 12 m³ übersteigende Teil in
Abzug gebracht werden darf. Andernfalls würde eine unver-
hältnismäßige Belastung des Verbrauchers erreicht, indem
bei nur geringen Überschreitungen der Grenze der Einbau
eines Zählers für einen Gebührenpflichtigen kaum wirtschaft-
lich sinnvoll ist. Erst bei wesentlicher Überschreitung von
12 m³ entsteht ein Kostenvorteil durch die Messung des nicht
in die Kanalisation eingeleiteten Wassers. Nicht die volle
Abzugsfähigkeit aller Mengen über 12 m³, sondern die Nicht-
abziehbarkeit von Mengen unterhalb dieser Grenze ist recht-
fertigungspflichtig.
Der Gartenwasserverbrauch von 14 m³ im Abrechnungszeit-
raum war trotz abgelaufener Eichung des Gartenwasser-
zählers zugrunde zu legen, weil die BGS-EWS der Beklagten
– anders als die Mustersatzung – keine Pflicht zur Eichung
und Verplombung vorsieht und die Beklagte nach ständiger
Verwaltungspraxis die Messergebnisse auch ungeeichter Gar-
tenwasserzähler als ausreichenden Nachweis ansieht.
Hausanschlusskosten
DokNr. 17004087
Begründungsanforderungen an den Kosten-
bescheid
– VG Potsdam, Urteil vom 12.02.2016 – 8 K 264/14 –
Leitsatz des Gerichts:
Ein Kostenersatzbescheid nach § 10 KAG ist, wenn sich die
Ersatzforderung nach dem tatsächlichen Aufwand bestimmt,
nur dann i.S.v. § 121 Abs. 1 AO ausreichend begründet, wenn
in ihm der Ersatzbetrag in einzelnen Kostenpositionen nach
den im konkreten Einzelfall erbrachten Arbeiten, dem ein-
gesetzten Material und etwaigen weiteren Aufwendungen
aufgegliedert ist.
Mit Bescheid vom 3.9.2013 zog der Beklagte die Klägerin
zum Kostenersatz für die im November 2012 erfolgte Still-
legung des Trinkwasserhausanschlusses ihres Grundstücks
heran. In dem Bescheid sind die kostenersatzpflichtige Maß-
nahme »Kostenerstattung Baubetrieb«, der Zeitpunkt ihrer
Vornahme und die Rechtsgrundlage der Ersatzforderung an-
gegeben. Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung
zum Kostenersatz für die Stilllegung eines Trinkwasserhaus-
anschlusses. Sie habe keinen Auftrag hierzu erteilt. Der Be-
klagte beantragt hingegen, die Klage abzuweisen. Der Was-
serversorger hat dafür Sorge zu tragen, eine Grundstücks-
anschlussleitung vom übrigen Netz zu trennen, um eine Ver-
keimung des Trinkwassers durch fortgesetzte Nichtbenut-
zung zu verhindern. Somit habe die Maßnahme im Sonderin-
teresse der Klägerin gelegen, unabhängig davon, dass diese
sie nicht beantragt habe.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid ist bereits
aus formellen Gründen rechtswidrig. Es fehlt an der nach
§ 121 Abs. 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, Abs. 2 KAG
erforderlichen Begründung. Im Bereich von Kostenersatz-
bescheiden nach § 10 Abs. 1 KAG, auf die § 121 Abs. 1 AO
nur entsprechende Anwendung findet, ist – sofern sich die
Ersatzforderung nach dem tatsächlichen Aufwand bestimmt –
eine Aufgliederung des Ersatzbetrages in einzelnen Kosten-
positionen nach den im konkreten Fall erbrachten Arbeiten,
dem eingesetzten Material und etwaigen weiteren Aufwen-
dungen erforderlich.
Durch die Begründungspflicht des § 121 Abs. 1 AO soll dem
Adressaten eine sachgemäße Verteidigung seiner Rechte er-
möglicht werden (Förster, in: Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996,
Rz. 2 zu § 121). Hierzu zählt die Prüfung der Erfolgschancen
eines Rechtsbehelfs. Diese können sich nicht nur aus Ein-
wendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Maßnahme an
sich, sondern auch aus Beanstandungen gegenüber dem Um-
fang der Arbeiten und der Höhe des Aufwands ergeben. Das
erfordert die Kenntnis davon, wie sich die Kostenersatzforde-
rung im Einzelnen zusammensetzt und welche Arbeiten aus-
geführt worden sind. Der angefochtene Bescheid lässt eine
solche Aufgliederung nach Kostenpositionen vermissen. Sie
ist vom Beklagten auch nicht nachgeholt worden (vgl. § 126
Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b,
Abs. 2 KAG); ein Ausnahmefall i.S.d. § 121 Abs. 2 AO liegt
nicht vor.
Der Bescheid ist aber auch aus materiellen Gründen rechts-
widrig. Nach § 1 Abs. 1 Trinkwasserkostenersatzsatzung (TKS)
erhebt der Zweckverband Kostenersatz u.a. für die Beseiti-
gung von Hausanschlüssen. Unter dem Begriff »Beseitigung«
wird allgemein die Stilllegung eines Haus- bzw. Grundstücks-
anschlusses verstanden (Kluge, in: Becker u.a., Kommunalab-
gabengesetz für das Land Brandenburg, Juni 2015, Rz. 65 zu
§ 10; Grünewald, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Sep-
tember 2015, Rz. 22 zu § 10; Queitsch, in: Hamacher u.a.,
Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen,
Februar 2014, Rz. 9 zu § 10). Der Beklagte ist jedoch sat-
zungswidrig vorgegangen. Die Stilllegung von Hausanschlüs-
sen erfolgt nach § 4 TKS auf Antrag beim Zweckverband
oder nach Benachrichtigung durch den Zweckverband, wenn
über ein Jahr kein Trinkwasser aus dem öffentlichen Ver-
teilungsnetz entnommen wurde. Hier liegt weder ein ent-
sprechender Antrag vor noch wurde mehr als ein Jahr lang
kein Trinkwasser aus dem öffentlichen Verteilungsnetz ent-
nommen.
Erschließungsbeiträge
DokNr. 17004088
Übernahme einer Anlage als gemeindliche
Erschließungsanlage
– OVG Lüneburg, Beschluss vom 04.03.2016 – 9 LA 154/15 –
Leitsatz der Redaktion:
Bei der Übernahme einer Anlage als gemeindliche Erschlie-
ßungsanlage i.S.d. § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB entsteht
die Beitragspflicht gemäß § 133 Abs. 2 Satz 2 BauGB bereits
mit einer solchen Übernahme durch die Gemeinde. Als
Übernahme gilt dabei der Zeitpunkt, in dem die Gemeinde
die tatsächliche und rechtliche Herrschaft über die Anlage
erlangt hat, sie ihrem neuen Zweck gewidmet und der der
Gemeinde entstandene Aufwand feststellbar ist.
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des
VG zuzulassen, hat nur teilweise Erfolg. Die Tatsachenin-
stanz hat zur Begründung seiner Rechtsauffassung ausge-
führt, dass bei einer nach § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB von
einer Gemeinde übernommenen Anlage der Beitragsanspruch
gemäß § 133 Abs. 2 Satz 2 BauGB zum Zeitpunkt der Über-
nahme entstehe. Die letztgenannte Vorschrift regele nicht,
wann der Beitragsanspruch entstehe, wenn – wie hier – die
Teileinrichtungen einer Erschließungsanlage von der Ge-
meinde teilweise übernommen und teilweise durch sie selbst
hergestellt worden seien. Die Kammer sei aber der Auffas-
sung, dass die Beitragspflicht auch in diesen Fällen einheitlich
erst zum Zeitpunkt der endgültigen Herstellung entstehe.
Das OVG Lüneburg sieht die Rechtsansicht des VG vom Klä-
ger schlüssig in Frage gestellt. Im Fall einer nach § 128 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3 BauGB erfolgenden Übernahme einer Anlage als
gemeindliche Erschließungsanlage entsteht die Beitragspflicht
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VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
HEFT 1 2017
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