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Umfeld des Bades) vorgenommen wird und das BHKW eben-
so ohne den Bad-BgA noch wirtschaftlich wäre. Der Steuer-
pflichtige kann hierzu ein sog. VDI-Gutachten vorlegen. Die
Finanzverwaltung ist berechtigt, für den Nachweis der Wirt-
schaftlichkeit an Stelle des VDI-Gutachtens die Vorlage einer
an den tatsächlichen Gegebenheiten orientierten Einnahme-
Überschussrechnung (Prognose) zu verlangen. Im Streitfall
reichen die im Eigengutachten der Klägerin vorgetragenen
Argumente für das Bestehen einer technisch-wirtschaftlichen
Verflechtung zwischen dem Schwimmbad und dem Heiz-
werk nicht aus. Der Umstand, dass die Schwimmhalle zu den
30 größten Abnehmern für Fernwärme und zu den größten 15
Abnehmern für Trinkwasser gehört, reicht für eine Zusam-
menfassung nicht aus. Dass dem Versorgungsbetrieb durch
die Fernwärmeversorgung der Schwimmhalle technologisch
bedingt auch die Erzeugung zusätzlichen KWK-Stroms er-
möglicht wird, genügt ebenso wenig wie das Vorhandensein
von Synergieeffekten (Schwimmhalle als positiver Werbeträ-
ger, Erhöhung der Effektivität des ÖPNV, effektiverer Einsatz
von Mitarbeitern während der Schließzeiten der Halle) für
eine enge wechselseitig technische Verflechtung.
Schließlich ist eine wirtschaftliche Verflechtung nicht nach-
gewiesen. Nach eigener Auskunft der Klägerin ist die Bedeu-
tung der Schwimmhalle für die Wirtschaftlichkeit des Heiz-
kraftwerkes »natürlich nur gering«. Im Streitfall hat die Klä-
gerin kein entsprechendes Gutachten nach VDI-Norm 2067
vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass das BHKW nur durch die
Belieferung der Schwimmhalle mit Strom und Fernwärme
wirtschaftlich ist. Das Eigengutachten der Klägerin zur Frage
der technisch-wirtschaftlichen Verflechtung zwischen Versor-
gungs- und Bäderbetrieb der GmbH reicht zum Nachweis
einer technisch-wirtschaftlichen Verflechtung jedenfalls nicht
aus.
Die Revision war letztendlich zuzulassen, da die Vorausset-
zungen des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.
– M.Kr. –
Umsatzsteuer
DokNr. 17004086
Keine Organschaft zwischen Schwestergesell-
schaften
– FG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2016 – 1 K
3466/14 – (rechtskräftig)
Leitsatz der Redaktion:
Die finanzielle Eingliederung erfordert eine Mehrheitsbe-
teiligung des Organträgers an der Organgesellschaft. Die fi-
nanzielle Eingliederung kann nicht mittelbar über Gesell-
schafter des Organträgers bestehen.
Zusammenfassung:
Streitig ist das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organ-
schaft zwischen sog. Schwestergesellschaften. Herr A ist Ge-
sellschafter und Geschäftsführer der klägerischen GmbH.
Daneben war A in den Streitjahren Gesellschafter einer Ge-
meinschaftspraxis in der Rechtsform der Partnerschaft, welche
nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie heilmedizinische Leistungen
erbringt. A hält seine Beteiligung an der Klägerin im Sonder-
betriebsvermögen bei der Partnerschaft. Die Klägerin führte
aufgrund eines Dienstleistungsvertrags entgeltliche Abrech-
nungsleistungen, Reinigungsarbeiten und EDV-Support an
die Partnerschaft aus. Die Klägerin beantragte mit Schreiben
vom 13.02.2012 die Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2007
bis 2010, da ihrer Ansicht nach eine umsatzsteuerliche Organ-
schaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der
Partnerschaft als Organträgerin anzuerkennen sei. Am
14.02.2012 gab die GmbH geänderte Umsatzsteuererklärun-
gen 2007 bis 2010 ab, in denen sie weder steuerpflichtige
Leistungen noch Vorsteuern erklärte. Das beklagte Finanz-
amt stimmte den geänderten Umsatzsteuererklärungen nicht
zu und verneinte die umsatzsteuerliche Organschaft. Dem zu-
rückgewiesenen Einspruch folgte die am 31.10.2014 erho-
bene Klage.
Laut Urteil des FG Baden-Württemberg vom 14.04.2016 ist
die Klage unbegründet. Es besteht keine umsatzsteuerliche
Organschaft. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird
nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht selbständig ausgeübt,
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tat-
sächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organi-
satorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert
ist (Organschaft). Für die Annahme einer Organschaft ist es
erforderlich, dass sich alle drei Merkmale einer Eingliede-
rung feststellen lassen (BFH, Urteil v. 25.06.1998 – V R 76/97,
BFH/NV 1998, 1534; v. 08.08.2013 – V R 18/13, UR 2013, 785;
Birkenfeld, in: Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch,
§ 44 Rz. 287).
Zwischen der Partnerschaft als Organträger und der Klägerin
als Organgesellschaft kommt keine Organschaft in Betracht,
zumal die Klägerin nicht finanziell in das Unternehmen der
Partnerschaft eingegliedert ist. Die finanzielle Eingliederung
erfordert eine Mehrheitsbeteiligung des Organträgers an der
juristischen Person. Der Organträger muss über eine eigene
Mehrheitsbeteiligung an der juristischen Person verfügen.
Diese kann sich entweder aus einer unmittelbaren Beteili-
gung oder mittelbar aus einer über eine Tochtergesellschaft
gehaltenen Beteiligung ergeben. Demgegenüber ist bei einer
Beteiligung mehrerer Gesellschafter an zwei Schwester-
gesellschaften nicht rechtssicher bestimmbar, unter welchen
Voraussetzungen der Beteiligungsbesitz der Gesellschafter
zusammengerechnet werden kann, um eine finanzielle Ein-
gliederung der einen in die andere Schwestergesellschaft zu
begründen. Darüber hinaus ist die finanzielle Eingliederung
einer GmbH in eine Personengesellschaft auch dann zu ver-
neinen, wenn nur ein Gesellschafter über die Stimmenmehr-
heit an den beiden Schwestergesellschaften verfügt (BFH, Ur-
teile v. 22.04.2010 – V R 9/09, BStBl 2011 II, 597; v. 01.12.2010 –
XI R 43/08, BStBl 2011 II, 600). Der Senat verweist hierzu auf
die BFH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2015 (BFH, Urteile v.
02.12.2015 – V R 15/14, UR 2016, 192; v. 03.12.2015 – V R 36/13,
UR 2016, 204).
Im Streitfall ist die Klägerin nicht unmittelbar in das Unter-
nehmen der Partnerschaft eingegliedert, da die Partnerschaft
nicht Gesellschafterin der Klägerin ist. Die Partnerschaft ist
auch nicht über eigene Tochtergesellschaften mittelbar an der
Klägerin beteiligt. Die finanzielle Eingliederung kann nicht
mittelbar über Gesellschafter des Organträgers bestehen.
Nach Auffassung des FG besteht ebenso keine Organschaft
zwischen A als Organträger und der Klägerin und der Part-
nerschaft als Organgesellschaften mit der Folge, dass die
Leistungen der Klägerin an die Partnerschaft als nicht steuer-
bare Innenumsätze zu qualifizieren wären. A ist aufgrund des
Betriebs einer Photovoltaikanlage als Unternehmer zwar taug-
licher Organträger. Nach dem insoweit offenen Wortlaut des
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG (»Unternehmen des Organträgers«) muss
die Beteiligung an der Untergesellschaft (im Streitfall: Kläge-
rin und Partnerschaft) nicht im unternehmerischen Bereich
gehalten werden (Buttgereit/Schulte, UR 2011, 605, 606).
Es fehlt allerdings zumindest an der wirtschaftlichen Einglie-
derung der beiden Gesellschaften in das Unternehmen des A.
Für die wirtschaftliche Eingliederung genügt es, dass zwischen
der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organ-
trägers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang i.S.
einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung
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VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
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