Verlag Versorgungswirtschaft - page 8

Ansonsten ergibt sich aus dem BilRUG keine Verpflichtung
zur Ermittlung bzw. Anpassung der Vorjahreszahlen. In der
Gewinn- und Verlustrechnung bleiben als Vorjahreswerte die
im Vorjahr testierten Beträge stehen. Manchenorts wird an-
geregt, eine sog. dritte Spalte in der GuV sowie Bilanz aufzu-
nehmen, um die Vergleichbarkeit zum Vorjahr zu gewährleis-
ten.
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Beim Wegfall einzelner GuV-Posten (z.B. außerordentli-
che Erträge bzw. Aufwendungen) könnte das neue Gliede-
rungsschema um die im Vorjahr noch bebuchten Posten er-
gänzt werden, wenngleich im laufenden Geschäftsjahr nur
Leerposten ausgewiesen werden.
2. Anpassung der finanziellen Schwellenwerte
(§§ 267, 293 HGB)
Mit dem BilRUG wurden die Größenklassen für kleine und
mittelgroße Kapitalgesellschaften (bzw. diesen gleichgestell-
te Personengesellschaften) teilweise spürbar angehoben. Der
Gesetzgeber hat hierbei seinen Spielraum im größtmöglichen
Umfang ausgeschöpft und die Schwellenwerte bis auf den
höchstzulässigen Betrag angehoben. Während die Kennzahl
der Arbeitnehmer unverändert blieb, betragen die Werte für
die Bilanzsumme sowie die Umsatzerlöse neuerdings:
Eine Gesellschaft erfüllt die jeweiligen Größenkriterien, wenn
mindestens zwei der drei Merkmale an zwei aufeinander
folgenden Geschäftsjahren über- oder unterschritten werden
(§ 267 Abs. 4 HGB). Das bedingt, dass die durch das BilRUG
erhöhten Schwellenwerte bereits auf den Vorjahresabschluss
anzuwenden sind. Welche der drei Merkmale über- oder un-
terschritten werden, ist unbeachtlich; d.h. es muss sich im
Zeitablauf nicht um dieselben Merkmale handeln.
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Im Falle
der Umwandlung oder Neugründung treten die Rechtsfolgen
schon ein, wenn die Größenmerkmale am ersten Abschluss-
stichtag nach der Umwandlung oder Neugründung vorliegen.
Dies gilt nicht im Falle des Formwechsels, sofern der form-
wechselnde Rechtsträger eine Kapitalgesellschaft oder eine
(haftungsbeschränkte) Personenhandelsgesellschaft i.S.d.
§ 264 a Abs. 1 HGB ist.
Mit § 267 Abs. 4a HGB ist zudem die Bilanzsumme definiert
worden. Sie setzt sich aus den Posten zusammen, die in den
Buchstaben A bis E des § 266 Abs. 2 HGB aufgeführt sind
(Anlagevermögen, Umlaufvermögen, Rechnungsabgren-
zungsposten, Aktive latente Steuern, Aktiver Unterschieds-
betrag aus der Vermögensverrechnung). Ein auf der Aktivsei-
te ausgewiesener »Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehl-
betrag« (§ 268 Abs. 3 HGB) wird – entsprechend dem gelten-
den Recht
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– nicht in die Bilanzsumme einbezogen.
Beispiel einer Bilanz:
Anlagevermögen
4.000.000
Umlaufvermögen
1.500.000
Rechnungsabgrenzungsposten
100.000
Aktive latente Steuern
50.000
Aktiver Unterschiedsbetrag aus der
Vermögensverrechnung
20.000
Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag
730.000
Bilanzsumme
6.400.000
Für die Ermittlung des Größenverhältnisses der Kapitalgesell-
schaft i.S.d. § 267 HGB wird nicht die Bilanzsumme von
6.400.000
herangezogen. Gemäß § 267 Abs. 4a Satz 2 HGB
bleibt der nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von
730.000
unberücksichtigt, mit der Folge, dass hinsichtlich
des Kriteriums Bilanzsumme das Unternehmen noch als klein
eingestuft werden kann.
Eine bislang mittelgroße, prüfungspflichtige Kapitalgesell-
schaft kann durch die angehobenen Schwellenwerte künftig
als klein einzustufen sein, mit der Folge, dass diese Gesell-
schaft nicht mehr der Abschlussprüfungspflicht unterworfen
ist (§ 316 HGB). Der Vollständigkeit halber sei hier ange-
merkt, dass Eigenbetriebe, Kommunalunternehmen sowie die
unter § 6b EnWG fallenden Energieversorgungsunternehmen
hinsichtlich ihrer Rechnungslegung wie große Kapitalgesell-
schaften zu behandeln sind. Privatrechtsformen, an denen die
öffentliche Hand beteiligt ist, werden regelmäßig aufgrund
satzungsmäßiger Vorgaben den großen Gesellschaften gleich-
gestellt.
3. Neudefinition der Umsatzerlöse (§ 277 Abs. 1 HGB)
Einen der Kernpunkte des BilRUG stellt die erweiterte Um-
satzdefinition dar, die zu einer Verschiebung von den sonsti-
gen betrieblichen bzw. den außerordentlichen Erträgen hin
zu den Umsatzerlösen führt. Die Definition der Umsatzerlöse
in § 277 Abs. 1 HGB ist im Hinblick auf die EU-Bilanzrichtli-
nie entsprechend angepasst worden: »Als Umsatzerlöse sind
die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Ver-
pachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienst-
leistungen der Kapitalgesellschaft nach Abzug von Erlös-
schmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt
mit dem Umsatz verbundener Steuern auszuweisen.«
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Die
neu definierten Umsatzerlöse beschränken sich nicht mehr
auf gewöhnliche und für das Unternehmen typische Erlöse;
die Differenzierung zwischen gewöhnlichen und ungewöhn-
lichen Einnahmen entfällt. Dadurch werden in der Gewinn-
und Verlustrechnung regelmäßig höhere Umsatzerlöse (zu
Lasten der sonstigen betrieblichen Erträge) ausgewiesen.
6
VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
HEFT 1 2017
6
Z.B.
Zwirner
, BC 2016, S. 264.
7
Zwirner
, BC 2016, S. 267.
8
BR-Drucks. 23/15, S. 72.
9
Vgl. auch
Kronawitter
, VersorgW 2013, 288, DokNr. 13002501.
Bilanzsumme
Umsatzerlöse
durchschnittliche Zahl
der während des Geschäftsjahres
Beschäftigten
Kleinstkapitalgesellschaft
< 350.000
< 700.000
< 10
Kleine Kapitalgesellschaft
< 6.000.000
< 12.000.000
< 50
(zuvor 4.840.000
)
(zuvor 9.680.000
)
Mittelgroße Kapitalgesellschaft
< 20.000.000
< 40.000.000
< 250
(zuvor 19.250.000
)
(zuvor 38.500.000
)
Große Kapitalgesellschaft
> 20.000.000
> 40.000.000
> 250
1,2,3,4,5,6,7 9,10,11,12,13,14,15,16,17,18,...36