Verlag Versorgungswirtschaft - page 14

geblich, d.h. seine tatsächliche Eigenkapitalquote und das
Verhältnis zwischen Alt- und Neuanlagen. Beim Kapitalkos-
tenaufschlag wird dagegen zur Vereinfachung ein standardi-
sierter Mischzins verwendet. Hier wird der kalkulatorische
Eigenkapitalzinssatz für Neuanlagen mit 40 %, der kalkula-
torische Fremdkapitalzinssatz mit 60 % gewichtet und auf die
im Basisjahr geltenden Zinssätze abgestellt (§ 10a Abs. 7
ARegV). Dieser Mischzins kann von dem Zins, der sich aus
der betreiberindividuellen Finanzierungsstruktur ergäbe,
etwas abweichen.
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Deshalb hängt der optimale Investitionszeitpunkt nach der
neuen ARegV vom individuellen Effizienzwert und der Finan-
zierungsstruktur des VNB im Basisjahr ab. Allerdings sind
diese Effekte durch den VNB kaum planbar, insbesondere
wenn man die Langfristigkeit einer Investi-
tionsstrategie berücksichtigt, zudem abhän-
gig vom Vorgehen der Regulierungsbehör-
den, z.B. welche Vergleichsparameter für
den Effizienzvergleich festgelegt werden und
wie bei der Kostenprüfung das betriebsnot-
wendige Eigenkapital ermittelt wird.
4. Übergangsproblem für Investitionen in
2007-2016
Der Kapitalkostenabgleich bezweckt, künf-
tig sowohl negative als auch positive So-
ckeleffekte zu beseitigen (s.o. unter 2.). Von
besonderer Bedeutung sind hierbei die zwi-
schen 2007 und 2016 getätigten Investitio-
nen. Diese Investitionsentscheidungen ba-
sierten auf den in der ARegV 2007 festge-
legten regulatorischen Vorgaben. Die VNB
hatten den negativen Sockeleffekt mit einen
Zeitverzug von bis zu 7 Jahren hingenom-
men in dem Vertrauen, über künftige positi-
ve Sockeleffekte letztendlich einen wirt-
schaftlichen Ausgleich zu erhalten. Diese
positiven Sockeleffekte entfallen durch den
Kapitalkostenabzug. Damit würde das Vertrauen der Inves-
toren, auch nach 2007 auf lange Sicht sämtliche effizienten
Kapitalkosten erlösen zu können, enttäuscht.
Um dem entgegenzuwirken, enthält die neue ARegV auf Ini-
tiative des Bundesrates eine Übergangsregelung (§ 34 Abs. 5),
wonach für die zwischen 2007 und 2016 aktivierten betriebs-
notwendigen Anlagengüter der Kapitalkostenabzug für die
Dauer der 3. Regulierungsperiode nicht anzuwenden ist. Für
diesen Zeitraum bleiben die positiven Sockeleffekte dieser
Investitionen erhalten. Der Bundesrat hat die Bundesregie-
rung zudem um Prüfung gebeten, ob die Übergangsregelung
»der dritten Regulierungsperiode auf die vierte Regulierungs-
periode auszudehnen ist, um eine vollständige Refinanzie-
rung effizienter Investitionen zu gewährleisten«.
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Gemäß An-
tragsbegründung sollen die erforderlichen Daten zur Beurtei-
lung der Frage bereits im Zuge der Kostenprüfung für die
3. Regulierungsperiode erhoben werden. Der Wirtschaftsaus-
schuss des Bundesrates hatte sogar gefordert, die Investitio-
nen ab 2007 bis zum Ende der 4. Regulierungsperiode vom
Kapitalkostenabzug auszunehmen.
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Eine solche Verlängerung der Übergangsregelung würde das
Vertrauensschutz-Problem zwar abmildern, aber nicht lösen.
Richtig ist zwar der Grundansatz der Bundesrats-Entschlie-
ßung, dass bei effizienten Investitionen eine vollständige Re-
finanzierung gesichert sein muss (dazu noch nachfolgend).
Falsch ist jedoch die implizite Behauptung, dazu reiche eine
Verlängerung der Übergangsregelung um eine weitere Regu-
lierungsperiode aus. Der Kapitalkostenabzug für die zwischen
2007 und 2016 getätigten Investitionen müsste vielmehr
dau-
erhaft
ausgesetzt werden, um bei Anlagen mit einem Ende
der Abschreibungsdauer nach dem Basisjahr für die 4. Regulie-
rungsperiode einen vollständigen Rückfluss der Kapitalkos-
ten bis zum Ende ihrer technischen Lebensdauer zu sichern.
Nachfolgendes Bild zeigt eine Investition in der Sparte
Stromverteilung im Jahr 2007 (ohne Berücksichtigung des X
gen, X ind und der Inflation) und verdeutlicht die Änderun-
gen durch die ARegV-Novelle 2016. Die bereits realisierten
negativen Sockeleffekte bleiben erhalten, während die zu-
künftigen positiven Sockeleffekte entfallen:
Der Systemwechsel hat eine substantielle Entwertung der in
2007–2016 getätigten Investitionen zur Folge; damit sinkt der
Unternehmenswert. Das Vertrauen der Investoren in einen
verlässlichen Regulierungsrahmen wird beschädigt. Dies soll
hier aber nicht weiter vertieft werden,
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da der Verordnungs-
geber noch bis zum Ende der 3. Regulierungsperiode Zeit hat,
eine dem Vertrauensschutz entsprechende, dauerhafte Über-
gangsregelung für die Investitionen zwischen 2007 und 2016
zu schaffen.
5. Übergangsproblem für Investitionen in 2016/17 (Gas) u.
2017/18 (Strom)
Für Investitionen
nach
dem Basisjahr für die 3. Regulierungs-
periode enthält die neue ARegV nur rudimentäre Übergangs-
regelungen für den Kapitalkostenabgleich. § 6 Abs. 3 S. 5
stellt klar, dass Investitionen nach dem Basisjahr beim Kapi-
talkosten
abzug
nicht zu berücksichtigen sind.
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Dies versteht
sich eigentlich von selbst. Da die Kosten
im
Basisjahr das
Ausgangsniveau der nächsten Periode bestimmen, kann sich
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VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
HEFT 1 2017
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Gersemann/Maqua
, VersorgW 2016, 297, 301, unter ff) ermitteln für eine
Eigenkapitalquote von 60 % eine Zinsdifferenz von 1,4 %.
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BR-Drs. 296/3/16 v. 07.07.2016.
17
BR-Drs. 296/1/16 v. 24.06.2016, S. 12 unter 11.
18
Kritisch zu der unzureichenden Übergangsregelung für Investitionen in
2007–2016
Smousavi/Küll
, RdE 2015, 167, 174 (schon während der Novel-
lierung), ebenso
Moench/Ruttloff/Kindler
, Novelle der Anreizregulierungs-
verordnung, Gleiss Lutz Energy News #18/2016 v. 26.08.2016, unter 5. (mit
Zweifeln an der Vereinbarkeit mit den neueren Vorgaben des BVerfG zur
Rückwirkung). Dagegen befürchtet
Mohr
, N&R 2016, 194, 206 (ohne nähere
Begründung) »nicht leistungsgerechte Renditen« in der 3. Regulierungs-
periode, verkennt aber ersichtlich das Problem der »geknickten Abschrei-
bungsverläufe« (s.o. unter 1., bei Fn. 10) und des sehr beschränkten An-
wendungsbereichs des EWF und der IM (s.o. unter 1., bei Fn. 11).
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Darauf verweisen zu Recht
Gersemann/Maqua
, VersorgW 2016, 297, 299
unter c).
2006 2011 2016 2021 2026 2031 2036 2041
Kapitalkosten in EOG kalkulatorische Kapitalkosten
Positive
Sockeleffekte
entfallen
Negative
Sockeleffekte
bleiben bestehen
Übergangs-
regelung für
3. RegP
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13 15,16,17,18,19,20,21,22,23,24,...36