Verlag Versorgungswirtschaft - page 9

Beispiel:
Die Stadtwerke betreiben eine betriebsinterne Kantine, mit
der im Jahr 2015 insgesamt 300.000
umgesetzt wurden. Bis-
lang wurden die Einnahmen in der Gewinn- und Verlustrech-
nung unter dem Posten »sonstige betriebliche Erträge« ge-
zeigt. Nach der Umsatzdefinition nach BilRUG sind die Erlöse
als »Umsatzerlöse« auszuweisen.
Andererseits sind die Erlöse nach Abzug von Erlösschmäle-
rungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem
Umsatz verbundener Steuern in der Erfolgsrechnung abzu-
bilden. Abzuziehen sind damit insbesondere die umsatzab-
hängigen Verbrauchssteuern wie die Stromsteuer oder Ener-
giesteuer, deren Schuld zeitgleich mit der Realisierung der
Umsätze entsteht und die an den Kunden weiterbelastet wer-
den. Praktisch erfolgt dies durch eine Vorspalte in der Ge-
winn- und Verlustrechnung bei den Umsatzerlösen. Ein Brutto-
ausweis der Umsatzerlöse und der gleichzeitige Ausweis der
Strom- oder Energiesteuer unter den sonstigen Steuern ist
handelsrechtlich nicht mehr zulässig.
Die Neudefinition der Umsatzerlöse zieht einen doch beträcht-
lichen Umstellungsaufwand in der Kontierung nach sich.
Neben der Darstellung der Umsatzerlöse und sonstigen be-
trieblichen Erträgen kommt es zu Anpassungen bei den For-
derungen aus Lieferungen und Leistungen sowie den sonsti-
gen Vermögensgegenständen. Nachdem Aufwendungen, die
unmittelbar mit den erzielten Umsatzerlösen zusammenhän-
gen, unter dem Materialaufwand ausgewiesen werden, kann
sich daraus u.U. ein Anpassungsbedarf bei den Verbindlich-
keiten aus Lieferungen und Leistungen ergeben.
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Beispiel:
Die Einnahmen aus der Überlassung der Lagerhalle werden
nach BilRUG anstatt unter den sonstigen betrieblichen Erträ-
gen bei den Umsatzerlösen ausgewiesen. Die Aufwendungen
aus der Instandhaltung der Halle gilt es konsequenterweise
unter dem Materialaufwand (anstatt den sonstigen betriebli-
chen Aufwendungen) zu zeigen.
Durch das neue Begriffsverständnis wird leider keine klare
Abgrenzung von Umsatzerlösen und sonstigen betrieblichen
Erträgen erreicht.
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In erster Linie entscheidet der jeweilige
Geschäftszweck des Unternehmens über die Zuordnung pro
oder contra Umsatzerlöse. Die Regelmäßigkeit der Erlöse stellt
lediglich ein Indiz dar, nachdem auch Einmalgeschäfte den
Umsatzerlösen zugerechnet werden kann. Erlöse aus der Ver-
äußerung von Anlagevermögen fallen regelmäßig unter die
sonstigen betrieblichen Erträge. Gleiches gilt bei Schadens-
ersatzleistungen oder – soweit diese nicht dem Eigenkapital
zugeschrieben werden – erhaltenen Zuschüssen, da es hier
an einem Leistungsaustausch fehlt.
Die Neudefinition der Umsatzerlöse nach BilRUG erfordert
ggf. eine Modifikation der Kennzahlen zum innerbetrieblichen
Vergleich im Zeitablauf. Zahlen zur Umsatzrentabilität wer-
den i.d.R. ungünstiger ausfallen, nachdem die Umsatzerlöse
grundsätzlich steigen werden. Andererseits müssen bei Bedarf
die bestehenden Verträge dahingehend angepasst werden,
um unerwünschte Folgen zu vermeiden. Beispielsweise kann
ein höherer Ausweis von Umsatzerlösen zu höheren umsatz-
abhängigen Pacht- oder Gehaltszahlungen führen.
4. Wegfall eines außerordentlichen Ergebnisses
(§ 277 Abs. 4 HGB a.F.)
Markant ist ebenfalls der Wegfall der außerordentlichen Er-
träge und Aufwendungen im Gliederungsschema der Gewinn-
und Verlustrechnung. Außerordentliche Aufwendungen und
Erträge i.S.d. § 275 Abs. 2 Nr. 15–17 bzw. Abs. 3 Nr. 14–16
HGB a.F. dürfen in der GuV nicht mehr gesondert ausgewie-
sen werden.
Vielmehr hat bei Bedarf eine Anhangangabe zu erfolgen
(§ 285 Nr. 31 HGB). Soweit die Beträge nicht von untergeord-
neter Bedeutung sind, ist jeweils über den Betrag und die Art
der einzelnen Erträge und Aufwendungen von außergewöhn-
licher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung
(Stichwort: Wesentlichkeit) zu berichten. Zu erwähnen ist nicht
bloß der Gesamtbetrag der außerordentlichen Erträge oder
Aufwendungen, sondern jeder einzelne Sachverhalt unter-
schiedlicher Bilanz- bzw. Erfolgsposten (z.B. hohe Steuerer-
stattungen aus Vorjahren, außerplanmäßige Abschreibungen,
hohe ertragswirksam vereinnahmte Zuschüsse). Das bisher
übliche Merkmal, dass sich der Sachverhalt außerhalb der
normalen Geschäftstätigkeit vollziehen muss, um als außeror-
dentlich eingeschätzt zu werden, bleibt jetzt ohne Belang.
Aufwendungen und Erträge, die einem anderen Geschäfts-
jahr zuzuordnen sind, werden hinsichtlich ihres Betrags und
ihrer Art erläutert (§ 285 Nr. 32 HGB; bisher § 277 Abs. 4 Satz 3
HGB a.F.). Die bis dato nach § 285 Nr. 6 HGB a.F. im Anhang
gebotene Aufteilung der Ertragsteuern auf das Ergebnis der
gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und das außerordentliche
Ergebnis ist gestrichen worden.
Außerordentliche Erträge werden fortan als sonstige betrieb-
liche Erträge oder – falls § 277 Abs. 1 HGB greift – als Um-
satzerlöse gezeigt. Die außerordentlichen Aufwendungen
sind künftig dem sonstigen betrieblichen Aufwand (oder an-
deren Aufwandsarten) zuzuordnen. Infolgedessen fällt im
Gliederungsschema das Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäfts-
tätigkeit weg. Neu ist hingegen der Posten Ergebnis nach
Steuern als Zwischensumme nach den Steuern vom Einkom-
men und vom Ertrag, jedoch vor den sonstigen Steuern.
Im Zuge des Übergangs auf das Bilanzrechtsmodernisie-
rungsgesetz (BilMoG) zum 1.1.2010 kam es bei den Pensions-
rückstellungen ggf. zu Unterschiedsbeträgen, die jährlich zu
mindestens 1/15 über das außerordentliche Ergebnis zu zie-
hen sind. Nach Art. 75 Abs. 5 EGHGB werden die Aufwen-
dungen und Erträge aus einer geänderten Bewertung laufen-
der Pensionen nach dem Wegfall des außerordentlichen Er-
gebnisses als gesonderte Posten innerhalb der sonstigen be-
trieblichen Aufwendungen bzw. sonstigen betrieblichen Er-
träge ausgewiesen. Aufwendungen i.S.d. Art. 67 Abs. 1 und 2
EGHGB werden als »Aufwendungen nach Artikel 67 Absatz
1 und 2 EGHGB«, Erträge innerhalb der sonstigen betrieb-
lichen Erträge als »Erträge nach Artikel 67 Absatz 1 und 2
EGHGB« angegeben.
5. Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände
(§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB)
Mit dem BilRUG wird für aktivierte selbst geschaffene imma-
terielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sowie
für derivative Geschäfts- oder Firmenwerte eine regelmäßige
Nutzungsdauer von zehn Jahren eingeführt, sofern in Aus-
nahmefällen die voraussichtliche Nutzungsdauer nicht ver-
lässlich geschätzt werden kann (§ 253 Abs. 3 Satz 3 i.V.m.
§ 285 Nr. 13 HGB). Sofern im Einzelfall Anhaltspunkte für
eine bestimmbare kürzere Nutzungsdauer bestehen sollten,
bleibt es bei der allgemeinen Regelung.
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Bisweilen wurde handelsrechtlich (§ 285 Nr. 13 HGB a.F.)
davon ausgegangen, dass der entgeltlich erworbene Ge-
schäfts- oder Firmenwert grundsätzlich innerhalb von fünf
Jahren abzuschreiben ist, zumal im Anhang die Gründe an-
zugeben wären, welche die Annahme einer betrieblichen
Nutzungsdauer eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder
Firmenwertes von mehr als fünf Jahren rechtfertigen.
HEFT 1 2017
VERSORGUNGSWIRTSCHAFT
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Zwirner
, BC 2016, S. 308.
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Bolik/Kindler
, SteuK 2015, S. 410.
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BR-Drucks. 23/15, S. 67.
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12,13,14,15,16,17,18,19,...36